Von Kirgisistan hat man kaum Bilder im Kopf, und dann kommt man hin und es haut einen um. Da stehen schneebedeckte Siebentausender, das Tian Shian-Gebirge ist das zweithöchste der Welt. Da sind Wüsten und von unterirdischen Thermalquellen gewärmte Hochgebirgsseen. Man schwimmt auf 1.600 Metern im Yssykköl, dem „kirgisischen Meer“, und schaut von dort auf die Gletscher. Mit 182 Kilometern Länge ist es der zweitgrößte Hochgebirgssee der Welt, nach dem Titacacasee.

Bei Nomaden ist der auf über 3.000 Metern gelegene Songköl-See beliebt. Ab Juni stellen sie ihre weißen Jurten an seinem Ufer auf. Die Straße zum Songköl windet sich durch die Berge und verliert sich im Nirgendwo. Vielleicht wird er deshalb „Last Lake“ genannt. Hier oben kann man wunderbar viele Tage lang über die weiten Almen wandern, bei Familien im Jurtencamp nächtigen und am Lagerfeuer den Legenden, die sich um das stille Wasser ranken, lauschen. Wer übrigens geglaubt hat, das Edelweiß gehöre in die Alpen und sonst nirgendwohin, wird in Kirgistan eines Besseren belehrt: Auf zahlreichen Wanderungen schreitet man über weite Wiesen voll der silbrigen Blumen. Wohl auch deshalb wird Kirgistan manchmal „orientalische Schweiz“ genannt.

Man ist die ganze Zeit erstaunt von diesem Land. Noch in den entlegensten Winkeln, wo man es nicht erwarten würde, trifft man Agrarökonomen, Krankenschwestern, lauter gut ausgebildete Leute. Das ist wohl noch ein Erbe der Sowjetherrschaft, besonders bei den Frauen ist mir das aufgefallen. Auch, wie selbstbestimmt diese sind und wie viel Drive sie haben. Ich habe in Kirgisistan eine große Leichtigkeit gespürt und die Kirgisen als sehr lebensbejahend empfunden.

Unsere Wanderführerin Begaim zum Beispiel war ursprünglich Opernsängerin in der Hauptstadt Bischkek. Staunend haben wir an einem Abend am Lagerfeuer von ihr erfahren, dass es in Bischkek neben einer staatlichen Oper inklusive Ballet auch ein philharmonisches Orchester gibt – mitten im Gebirge in Zentralasien hätte man das nicht unbedingt erwartet. Doch Begaim hat das Singen aufgegeben, sie liebt die Berge und kennt sich in der Natur unglaublich gut aus. Zugleich kann sie gut Menschen führen. Beim Singen bleibt sie aber konsequent: Selbst wenn alle um das Lagerfeuer sitzen und Liedchen anstimmen – von Begaim wird man da keinen Ton hören.

Auch als Architekt war ich in Bischkek ganz aus dem Häuschen: Die Stadt ist eine Art Open-Air-Museum für gelungenen sowjetischen Städtebau, auf dem Reißbrett entworfen. Da finden sich anspruchsvolle Betonarchitektur aus der Zeit der frühen Moderne, Plattenbauten mit orientalischen Motiven, weitläufige Parks und Alleen. All das bietet auch heute noch eine hohe Lebensqualität. Da sind wahre Blüten hinter dem früheren Eisernen Vorhang zu entdecken. Die Parks und Boulevards sind voller Spaziergänger, aus Lokalen tönt Livemusik von traditionell bis Rock.

Auch heute noch leben in Kirgistan viele verschiedene Ethnien. Der Islam spielt im öffentlichen Leben eine eher untergeordnete Rolle. Man feiert zwar die traditionellen muslimischen Feste, trinkt dabei aber gern ein Bier oder besser einen Wodka. Am Land tragen die älteren Frauen zwar Kopftücher, aber eher aus der Tradition und wegen des Sonnenschutzes. Vor allem in Bischkek trifft man auf äußerst freizügig bekleidete Frauen, und selbst während des Fastenmonates Ramadan sind die Restaurants auch tagsüber gut besucht.

In den sich langsam entwickelnden Tourismus setzen die Kirgisen große Hoffnungen. Mittlerweile gibt es auch eine wirklich gut funktionierende touristische Infrastruktur, wie die Übernachtungsangebote des „CBT“ (Community Based Tourism). Im Ort Kochkor zum Beispiel bringt der aufkommende Tourismus einer Familie ein direktes Einkommen: Eine ganze Wandergruppe hat im großen Einfamilienhaus gut Platz, die Gästezimmer verfügen allesamt über eigene Badezimmer. Diana, die Frau des Hauses, war früher Krankenschwester. Beim hervorragenden Abendessen mit Teigtaschen, Lammgerichten und Gemüse erzählte sie uns, dass die Pension gering und sie daher froh sei, das Familieneinkommen durch das Bewirten von Touristengruppen aufbessern zu können. Es gibt in Kirgistan noch viele weitere Möglichkeiten für sanften Tourismus: in Jurten übernachten, bei Familien essen oder mit Nomaden durch die Berge wandern. Viele örtlichen Guides sind perfekt geschult und unglaublich nett und hilfsbereit.

Planung

Die beste Reisezeit ist für mich…
Wenn man Wanderungen in die Berge unternehmen möchte, muss man im Sommer = Mitte Juni – Mitte September kommen.

Die beste Wanderung die ich dort gemacht habe ist …
Eine fünftägige Überschreitung im Tien-Shan-Gebirge zum Yssykköl-See, Alm-Rundwanderungen beim Songköl-See und im Tal der Blumen“ mit seiner berühmten roten Jety-Ögüz-Felsformation am Taleingang“, die wir alle auch bei Weltweitwandern im Programm haben.

Was macht die Wanderung besonders?
Praktisch keine anderen Wanderer, Übernachtungen bei einheimischen Familien in Jurten.

Toll finde ich diesen Wanderführer, diese Karte
Den Kirgistan – Reiseführer vom Verlag „Trescher“ finde ich gut.
Dshamilja, Kindheit in Kirgisien, Ein Tag länger als ein Leben, Abschied von Gülsary  von Tschingis Aitmatov
Auf was muss man aufpassen?
Kirgistan für mich ist ein wirklich sicheres Reiseland!

Mein persönlicher Geheimtipp:
Mein großes „Aha – Erlebnis“ war die Hauptstadt Bischkek, mit zahlreichen gemütlichen Cafes, schönen Parks und einem erstaunlichen städtischen Sozialleben mit Musikgruppen und vielen Spaziergehern. Das Schwimmen im warmen Yssykköl – See mit Blick auf die Schneeberge ist auch extrem toll!

Fotos: https://www.facebook.com/media/set/?set=a.10153463521342030.1073741887.269624767029&type=1&l=e97b2aaf91
Reiseinfos: 
https://www.weltweitwandern.at/asien/kirgistan/


 

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