Diese USA-Reise war ein schon lang geplantes Projekt. Meine Frau Carmen und ich wollten mit unseren zwei Söhnen, Lino (20) und Leo (15), etwas Großes unternehmen – eine Familienreise in ein großes Wunschziel unserer Jungs, ein gemeinsames Abenteuer. (Nicht weil die USA ganz oben auf meiner persönlichen Liste stand – ganz im Gegenteil… aber es sollte ja bei dieser Reise nicht um mich gehen…)
Alles war schon gebucht, dann hat Trump wieder die Wahl gewonnen. Die Schlagzeilen in Europa voll mit Abschottung, Zöllen, Polarisierung. Und man fragt sich: Kann man da überhaupt noch hinfahren? Wie wird man als Ausländer gesehen?
Aber wir wollten’s wissen. UND: Antizyklisch reisen ist sowieso immer gut…
Waren auch sehr neugierig, wie das jetzt dort ist, wie sich die USA vor Ort jetzt gerade „anfühlt“.
Und darüber möchte ich nun berichten.
Die Reiseroute
Insgesamt waren wir 26 Tage unterwegs. Die Söhne sind nach etwa 18 Tagen zurück nach Hause geflogen, Carmen und ich waren dann noch zu zweit unterwegs.
New York war unser Startpunkt – eine dichte, pulsierende Stadt. Für mich nach wie vor die faszinierendste Stadt der Welt!
Danach flogen wir nach Los Angeles, wo wir fünf Tage bei einem Freund wohnten – mit echtem tollem Alltagseinblick. Weiter ging’s die Küstenstraße hoch nach San Francisco, fünf Tage dort, dort flogen dann unsere Söhne heim. (Wandern? Nein danke!)
Carmen und ich fuhren dann weiter zum Wandern in die Nationalparks: Yosemite, Death Valley, Grand Canyon, Bryce Canyon, Zion – und am Schluss Las Vegas.
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Vielfalt & Offenheit
Was mir am stärksten in Erinnerung geblieben ist: die unglaubliche Vielfalt der amerikanischen Gesellschaft.
Man sieht überall Menschen mit asiatischem, indischem, lateinamerikanischem Hintergrund. Vor allem in den Städten sind die USA ein riesiger Schmelztiegel. Englisch ist nicht mehr selbstverständlich – Spanisch hört man ständig, nicht nur von Gastarbeitern, sondern auch von Familien, Touristen, ganz selbstverständlich im Alltag. Und Chinesisch, Hindi, Japanisch…
Was ich kaum erwartet hatte:
- Relativ wenige Black Americans – abgesehen von New York waren sie unterwegs auffallend unterrepräsentiert.
- Und: eine Offenheit in Bezug auf Geschlechterrollen und sexuelle Identitäten, wie ich sie selten erlebt habe.
Diese auffallend selbstbewusste LGBTQ+-Community! Männer mit Make-up, lackierten Nägeln, Frauenkleidung – sehr sichtbar und selbstbewusst, vor allem in San Francisco, Los Angeles und New York.
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Preis-Schock
Ein Cappuccino to go? 6 Dollar – plus Tax und Trinkgeld.
Fast-Food für vier (mit zwei hungrigen Burschen, die oft zwei Burger brauchen): 100 Dollar. Mit Tax und Trinkgeld: 130.
Einmal haben wir für sieben Personen bezahlt – im gar nicht sehr noblen persischen Lokal, alle Wasser getrunken, Hauptspeisen zum Teil geteilt: 350 Dollar.
Ein Glas Wein in den Städten: 16 Dollar.
Und egal wo – auf die Preise kommt immer noch Tax drauf und Trinkgeld von meist 18–23 %… ja, und auch in den Selbstbedienungslokalen ist das so.
Öffentliche Toiletten in den Städten? Oft Fehlanzeige und in Cafés nur mit Zahlencode. Einmal wollte ich dringend aufs Klo – erst nach Bestellung und Bezahlung gab’s den Code. Da zahlt man für einen Klogang mit der Familie schnell 30 Dollar – Kaffee, Bubble Tea, zwei Cookies…
Bei unserer Reise mussten wir also Kompromisse machen. Das Fast Food hat unseren Jungs ohnehin total getaugt.
Die Reise war eine richtige Fast-Food-Entdeckungsreise durch neue Marken: Shake Shack, Raising Cane’s, Popeye’s, Chick-fil-A, Bubba Gump, In-N-Out Burger, Crumbl Cookies, und viele andere.
Übernachtet haben wir manchmal im 4-Bettzimmer, zum Beispiel in New York.
Aber ab und zu haben wir dann punktuell schon auch viel Geld ausgegeben, zum Beispiel für die Universal Studios oder für eine tolle Show in Las Vegas. Das zahlt sich dann auch wirklich aus!
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Nationalparks: Weltklasse
Ein lieber Freund von mir hat vor meiner Reise gesagt: „Nationalparks, das können sie, die Amis!“ – Und wirklich recht hat er!
Grand Canyon? Eintritt zahlen, parken, 60 Sekunden später wandernd unterwegs am Canyon-Rand, am gut markierten „Rim-Trail“ mit großartigen Infotafeln.
Bryce Canyon? Wahrscheinlich eine der schönsten Wanderungen meines Lebens. Der Start des wunderschönen Trails auch hier direkt beim Parkplatz.
Yosemite? Super organisiert, riesige Parkplätze, Infrastruktur für Massen, toll organisierte Shuttle-Busse – trotzdem gelingt es, Natur ganz unmittelbar zu erleben.
Zion: Auf der Wanderung „The Narrows“ wanderte ich stundenlang durch enge Canyons im Wasser… im hinteren Teil dann ganz alleine… wow!
Mit 85 Dollar Jahreskarte pro Auto kommt man in alle Parks. Oder 30 Dollar pro Fahrzeug pro Park, gültig für drei Tage. Richtig fair… und für Amerika total günstig!
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Reichtum, Obdachlosigkeit und Verzweiflung
Was mich wirklich getroffen hat: die Obdachlosen.
Nicht wie bei uns, wo es recht wenige „Sandler“ gibt und es da oft um Alkoholprobleme geht.
Sondern so viele Menschen wie Zombies – eingefroren, starr, lallend, kaum beweglich. Man hört von Fentanyl – und sieht die Folgen. Überall in den großen Städten! Zehntausende. Ganze Lager. In Wohnvierteln, in den Innenstädten, auf Gehwegen, mitten in den Business-Distrikten.
San Francisco und New York besonders schlimm.
Und in den strukturschwachen Regionen sieht man dann die Trailerparks – oft wie Endzeitkulissen aus „Mad Max“. Vermüllte, windschiefe Hüllen. Und gleichzeitig fährt der Cybertruck vorbei.
Ich hab nachgelesen: 6 % der US-amerikanischen Bevölkerung leben aktuell fix in „Mobile Homes“!
In Beverly Hills haben wir wiederum sehr viele Häuser um 2 bis 5 Millionen Dollar gesehen. Tausende. Davor stehen dann oft mehrere Porsches oder Teslas in der Einfahrt…
Der Kontrast zu Menschen, die nicht einmal eine fixe Bleibe haben, ist enorm! Die USA sind da echt extrem in beiden Richtungen!
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Stadt und Land: Zwei Welten
Ein riesiger Unterschied besteht zwischen Küstenstädten und Landesinneren.
In der Stadt: Diversität, LGBTQ+, teuer, schnell, laut.
Am Land: USA-Flaggen, konservativere Stimmung, alles viel günstiger. Oft wirkt es auch echt heruntergekommen…
Auf der Route 66 – plötzlich kostet der Kaffee nur noch 3,50 Dollar, inklusive Gratis-Refill so oft man will.
Und auffallend: kaum europäische Touristen. Fast nur Amerikaner oder asiatische Touristen. Wir haben ein einziges Mal unterwegs eine Kärntner Familie getroffen – das war’s. Sonst niemals andere Österreicher und auch ganz, ganz selten andere Europäer…
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Showtime
„O“-Show von Cirque du Soleil in Las Vegas: spektakulär.
(Fun Facts: 200 Dollar für ein durchschnittliches Ticket, oft 2 Shows pro Tag – läuft seit 1998. In einem eigens für diese Vorstellung erbauten Theater im Bellagio Hotel mit 1.800 (!) Sitzplätzen! Unsere Show war ausgebucht…)
Jazz im Blue Note in New York: grandios.
Broadway-Musical „Hell’s Kitchen“: bewegend.
Die Mischung hat für uns gepasst. Viel Fast-Food (Wunsch der Söhne), Frühstück oft im Airbnb, einige Tage bei Freunden, und dann wandern in großartigen Nationalparks als Paar – perfekte Reise!
Universal Studios? 165 Dollar pro Ticket pro Person – und die Möglichkeit, noch extra draufzuzahlen, um sich nicht anzustellen: 200 Dollar/Person für „Fast Track“ – zusätzlich!
Wir haben uns dagegen entschieden. Aber man könnte easy 1.500 Dollar pro Tag dort lassen – das geht schnell.
Toll war’s! Groß!
Trotz all dieser Gegensätze und Schattenseiten: Die USA waren ein intensives, lohnendes Erlebnis.
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Ort der Träume, des Fortschritts, des Upsellings – und des gnadenlosen Wettbewerbs
Überall gibt es die Möglichkeit, Geld – ja richtig viel Geld – auszugeben, auf eine Weise, die ganz anders ist als bei uns in Europa. Alles ist größer, sichtbarer, direkter. Reichtum wird zur Schau gestellt: Zwei Porsches vor der Garage, Luxusläden, Mega-Villen, Luxus-Weingüter mit Flaschenpreisen ab 100 Dollar aufwärts.
Schon beim Check-in im Hotel wird gefragt, ob man nicht gegen 50 oder 100 Dollar oder mehr extra ein Upgrade möchte – bessere Aussicht, größeres Bett, größeres Zimmer…
„Upselling“ ist dort perfektioniert. Es darf/kann/soll immer noch mehr sein.
Amerika pusht einen irgendwie.
Man merkt aber auch, dass es eine gnadenlose Leistungsgesellschaft ist. Wer viel leistet, kann wirklich viel erreichen. Wer nicht mithalten kann, fällt brutal aus dem System.
Diese fehlende soziale Absicherung sieht man eben auch – in Form von drogenkranken Obdachlosen, von verwahrlosten Trailerparks in der Wüste.
Aber genau diese Schärfe erzeugt, glaub ich, auch eine Atmosphäre von Ehrgeiz, von „Ich will es schaffen“.
Ich habe meinen Freund Helfried gefragt, der seit Jahrzehnten in den USA lebt: Gibt es den „American Dream“ überhaupt noch? Ist der nicht längst geplatzt?
Er hat gesagt: Doch, den gibt es. Gerade für gut ausgebildete Leute – viele kommen momentan aus Indien –, da funktioniert er noch. Sie starten in guten Jobs, gründen Firmen, machen ihr Ding.
Vor allem an den Küsten – New York, L.A., San Francisco – ist dieser Traum spürbar und funktioniert für manche.
Gleichzeitig aber auch: Wer Geld hat, sieht hier immer Leute, die noch VIEL mehr haben. Es gibt keinen Deckel. Keine Grenze.
Der Drive ist: Streng dich an. Arbeite. Mach was.
Und das habe ich auch gespürt: Diese Stimmung, dieser Druck, dieses „Mehr“. Das zu beobachten und zu erleben hat mich schon auch fasziniert. Und auch schockiert.
Die Kontraste sind heftig:
- Der Cybertruck vor der Villa – und ein paar Kilometer weiter dann ein Trailerpark wie aus Mad Max.
- Die fentanyl-geschädigten Gestalten – lebende Zombies – in der gleichen Stadt, in der nebenan Milliarden umgesetzt werden.
Und gleichzeitig ist es auch spannend, wie vertraut einem vieles vorkommt: Orte, Namen, Bilder, die man aus Filmen kennt – Beverly Hills, Mulholland Drive, der Malibu Beach aus Baywatch (derzeit mit reihenweise verbrannten Häusern), die Straßen von San Francisco aus der Jugend.
Man fährt durch ein Land, das man irgendwie zu kennen glaubt – und das einem trotzdem ständig Überraschungen liefert.
Was mir auch auffällt: „Nachrichten im öffentlichen Raum“ gibt’s quasi nicht. Keine Zeitungsstände. Keine Schlagzeilen. Keine gedruckte Presse.
In einem einzigen Café lag mal eine Zeitung auf – ich hab mich gefreut. Bis ich sah: Sie war vom Mai. Und wir hatten Mitte Juli. Das war die einzige Zeitung, die ich in vier Wochen irgendwo liegen gesehen habe.
Fox News? Ein Propagandasender. Trump? Unterwegs beim Reisen: Kein Thema.
Das ist auch Amerika.
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Müll, Müll, Müll
Was mich richtig geschockt hat: der Müll.
In Cafés, Lokalen, bei Getränken oder Snacks, im Supermarkt – alles, wirklich alles ist in Plastik verpackt. Plastikdeckel, Plastiklöffel, Plastikstrohhalme, Pappbecher mit Plastikdeckel.
Eine Tasse im Café? Fast unmöglich. Nur in ganz wenigen Lokalen – meistens eher im Luxussegment – kriegt man noch ein richtiges Porzellangeschirr.
Es ist irre, wie viel Einwegmaterial da täglich durchgeht.
Wenn man da an unseren Alltag zu Hause denkt – Mülltrennung, eigene Einkaufstaschen, Joghurt vom Bauernmarkt, Glasflaschen, plastikfreie Verpackung – dann ist das einfach ein riesiger Kontrast.
Müllvermeidung scheint dort keine Rolle zu spielen. Das war wirklich erschütternd.
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Familie, Verbindung, Lebensfreude
Mir ist wichtig – und das will ich ausdrücklich sagen: Ich reise auch, um mit meiner Familie gemeinsam Zeit zu verbringen. Quality Time…
Ich will auch in Beziehungen, in unsere Family investieren. Und so eine Reise, so lang, so vielfältig – das stärkt, das verbindet.
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Fazit
Eine Reise zahlt sich immer aus. Gerade in Länder, bei denen man denkt: „Kenn ich eh“ – USA, Australien, Neuseeland – westlich, vertraut. Und dann ist doch alles ganz anders.
Man muss hinfahren. Nur Berichte lesen reicht nicht.
Ich liebe das Reisen. Ich liebe das Leben. Und ich bin dankbar für diese Erfahrung.
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PS: Taxis ohne Fahrer – die Zukunft ist schon da
Eines noch, was mir fast wie aus einem Science-Fiction-Film vorkam: die Cyber-Taxis von Waymo/Google.
In San Francisco, aber auch in Los Angeles und Las Vegas – fahren da tausende Autos ganz ohne Fahrer durch die Gegend. Kein Mensch am Steuer. Das Lenkrad wie von Geisterhand in Bewegung. Bildschirm, Sensoren, Kameras.
Wir haben das natürlich ausprobiert. Man gibt via App sein Ziel ein, und dann fährt das Auto los – wie von Geisterhand gelenkt.
Ein bisschen spooky war’s schon. Aber auch voll cool, diese Zukunftsvision nicht im Fernsehen, sondern live mitzuerleben.
Und: Es gäbe noch sooooooo viele weitere Eindrücke zu erzählen. Aber dann wäre der Text einfach zu lang…
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