Frau Okami-san hat lustige, verschmitzte Augen. Die nette 70-jährige Dame kümmert sich schon seit Jahrzehnten um das Wohl ihrer Gäste in ihrem japanischen Gästehaus – ihrem „Ryokan“ – im Tal von Kiso.  Bei Frau Okami-san kann man gut erleben, wie in Japan Lebendigkeit, Humor und formvollendete Höflichkeit eine wunderbare Verbindung eingehen. Ihr Haus ist eine echte Oase der traditionellen japanischen Gastfreundschaft und Lebenskultur!

Auf unserer 17-tägigen Weltweitwandern-Japanreise tauchen wir immer wieder ganz tief ein in die uralten japanischen Traditionen und das nicht nur bei unseren ganz besonderen Unterkünften. Denn unser großartiger Guide Shin ist ein genialer Kulturvermittler! Fröhlich, entspannt und doch immer aufmerksam und kenntnisreich führt er unsere kleine Gruppe mit nur 12 Gästen durch „sein“ Land. Als Sohn eines Schweizers und einer Japanerin ist Shin zuerst in Japan und dann in der Schweiz aufgewachsen. Dadurch ist Shin wirklich in beiden Kulturen „zu Hause“. Dazu liebt er seinen Job als Führer zwischen den beiden Welten.

Was auf unserer Japanreise noch sehr speziell und total super ist: Wir nutzen für unsere gesamte Rundreise fast ausschließlich öffentliche Verkehrsmittel. Das ist in Japan total schnell, pünktlich, effizient, umweltfreundlich und erlaubt uns ein Reisen ganz nahe am Land. Vor allem, wenn Shin sich davor um alle Reservierungen kümmert und uns mit sicherer Hand durch das für uns oft chaotisch wirkende Gewurle auf den Bahnstationen lotst. Anschließend mit knapp 300 kmh im Shinkansen-Hochgeschwindigkeitszug ganz bequem durchs Land zu rauschen ist wirklich grandios!

Ryokan: Kulturelles Abenteuer japanisches Gästehaus

Unser kulturelles „Abenteuer“ beginnt mit dem Betreten des Gästehauses: Im Haus umfängt uns sofort eine Atmosphäre von Ästhetik und Höflichkeit, der Hauseingang ist wie ein „Tor in eine andere Welt“.
Gleich hinter dem Haupteingang müssen wir für die Dauer unseres Aufenthaltes unsere Straßenschuhe ausziehen und in (für mich immer viel zu kleine) japanische Pantöffelchen schlüpfen, mit denen wir dann sehr achtsam (auch damit wir sie nicht verlieren) im Haus und Zimmer herumschreiten. Zur Begrüßung erwarten uns höfliche Verbeugungen und eine liebevolle Einführung von Frau Okami-san in die Gebräuche ihres Gästehauses. Die Fenster im Haus geben den Blick frei auf die das Haus umgebenden, formvollendet gestalteten Gärten mit Kies, Steinen, kleinen Bäumchen und Wasserläufen.
Beim Betreten des eigenen Zimmers muss man dann auch die Hausschuhe ausziehen. Unsere klassisch-japanischen Zimmer sind mit Tatamimatten ausgelegt, die sich warm und angenehm unter meinen Füßen anfühlen. Allein das Betrachten der vielen liebevollen und sehr reduzierten Details im Zimmer löst in mir Wohlbefinden und Entspannung aus! Ein einzelnes Schriftzeichen als Wandbild, eine Blume in einer schönen, schlanken Vase… In unseren Zimmern gibt’s tagsüber gar keine Betten, die Futtonmatten werden immer erst am Abend – für uns unsichtbar wie von Heinzelmännchen – während unseres Abendessens aus den Wandschränken geholt und aufgelegt.

Unsere klassisch-japanischen Zimmer sind mit Tatamimatten ausgelegt, die sich warm und angenehm unter meinen Füßen anfühlen.

Alle unserer Ryokans auf unserer Japanreise hatten hauseigene Thermalbäder, Onsen genannt. Die japanische Badekultur ist eine der ältesten der Welt! Supersauber und tiefenentspannt nach unserem heißen Thermalbad schlüpfen wir dann in den im Zimmer bereitliegenden Baumwoll-Yukata (ein einfacher, kürzerer Kimono). Diesen tragen wir dann auch zu den Mahlzeiten und schlafen auch darin: Suuuuper gemütlich und vor allem fühlen wir uns – auf diese edle Art gekleidet schon ein wenig wie Japaner:innen!

Eine kulinarische Expeditionsreise

Ein absolutes Japan-Highlight sind unsere Mahlzeiten: Japanisches Essen ist durch Sushi und Ramen-Nudelsuppen auch bei uns inzwischen recht bekannt. Aber das ist wirklich nur die minikleine „Spitze des Eisberges“ der japanischen Kulinarik! Ich hatte wirklich keine Vorstellung, welche unglaublichen kulinarischen Schätze da auf mich warten: Aus vielen dutzenden von Schälchen – immer wieder werden im Laufe des Mahles weitere aufgetragen – kommen unzählige noch nie davor geschmeckte Köstlichkeiten. Vieles stammt aus dem Meer, es sind aber auch viel Gemüse, etwas Fleisch und sehr spannende Saucen dabei. Es wird auch viel roher und ganz frischer Fisch aufgetischt, aber ich will und kann hier nicht ins Detail gehen, weil das den Rahmen sprengen würde. Unsere traditionellen Abendessen in allen Ryokans waren im wahrsten Sinne einfach unbeschreiblich vielfältig und köstlich! Für mich war es ein Eintauchen in eine Unzahl völlig neuer „Geschmacksuniversen“!

Unsere traditionellen Abendessen in allen Ryokans waren im wahrsten Sinne einfach unbeschreiblich vielfältig und köstlich!

Naturschutzgebiete, Pilgerwege, Gärten und Tempel

Ui – bis jetzt hab ja noch gar nichts von unseren superschönen Wanderungen und sonstigen Sehenswürdigkeiten geschrieben…

Was für mich auf unserer Weltweitwandern-Reise überraschend war und mich sehr begeistert hat, ist die herrliche Natur in Japan! Es gibt überraschend viele Naturschutzgebiete und auch ein sehr großes und gutes Wanderwegenetz. Wir wanderten staunend vorbei an vielen ur- uralten Bäumen – zum Teil bis zu 1000 Jahre alt –  und genossen Blicke auf Seen, schneebedeckte Berge und eine reiche, üppig-grüne Pflanzenwelt.

Mit dem Kumano Kodo und dem Nakasendo Trail bewanderten wir gleich zwei der bedeutendsten Pilgerwege des Landes. Der Kumano Kodo gehört mit seinen vielen Schreinen entlang der Strecke sogar zum UNESCO-Welterbe. Er ist in seiner Wichtigkeit durchaus vergleichbar mit seinem europäischen Verwandten, dem Jakobsweg.

Das ganz besondere „I-Tüpfchen“ bei unseren Wanderungen und Reisen quer durch Japan waren für mich die vielen wunderschönen Tempel- und Gartenanlagen und auch die liebevoll-reduzierte Gestaltung fast aller Dinge des täglichen Lebens: Einrichtungsgegenstände, Speisen, Grafiken, Gestaltung von Häusern und Geschäften, Kleidung, uvam…

Der Istsukushima Tempel auf der Miyajima-Insel schien über dem Wasser zu schweben.

Jeder der von uns besuchten Tempel war anders und auf seine Art sehr speziell: Der Istsukushima Tempel auf der Miyajima-Insel schien über dem Wasser zu schweben. Der Nachi Taisha Tempel bei Kii-katsura bildete den grandiosen Vordergrund für den dahinter tosenden Nachi-Wasserfall – dem höchsten Japans. Zum Fushimi Inari-Taisha bei Kyoto führte eine Allee aus tausenden orangen Tempeltoren, den „Toris“. Der 120 m lange Tempel Sanjyusangen-do erschien mir von außen karg und nüchtern. Im Inneren jedoch fanden wir 1001 perfekt bis ins Detail gestaltete Buddha-Statuen. Im Todai-Tempel stießen wir auf gleich zwei Superlative: den größten Bronze-Buddha Japans, der Tempel selbst ist zudem das größte vollständig aus Holz gebaute Gebäude der Welt! Am stimmungsvollsten fand ich den Tempelgarten vom Tempel Kozenji im Kisotal, und, und, und….

Der Nachi Taisha Tempel bei Kii-katsura bildete den grandiosen Vordergrund für den dahinter tosenden Nachi-Wasserfall – dem höchsten von Japan.

Mein persönliches Fazit

Japan hat mich sehr verblüfft, oft befremdet, aber überall begeistert!
Japan ist in vielen Bereichen „so ganz anders“.

Die Menschen dort sind quasi alle superhöflich, es ist oft superordentlich und superorganisiert. In den Städten lebt man auf sehr engem Raum zusammen, es wird aber nie gedrängelt und alles funktioniert auf sehr entspannte Art und Weise. Vor allem der äußerst schnelle öffentliche Verkehr – Stichwort Shinkansen Schnellzüge – hat mich extrem beeindruckt.
Ein Detail: Die durchschnittliche Verspätung aller Shinkansen-Züge beträgt unter 1 Minute – ab 10 Sekunden (!) Verspätung muss der Zugfahrer das in einem Bericht rechtfertigen.

Japans Ästhetik, die gestalteten Gärten und die Tempel, aber auch viele moderne Bauwerke finde ich sehr anziehend. Diese Art von hingebungsvoller Schönheit mit der Liebe zu reduzierten, perfekten Formen finde ich sehr berührend. Das geht mir „ganz nahe“, obwohl es fremd ist…

Außerhalb der großen Städte ist Japan sympathischerweise gar nicht so „perfekt“, man findet dort viel Stille, viel Platz und großartige Naturlandschaften.

Also: Japan ist unbedingt nicht nur eine, sondern sicher mehrere Reisen wert!

Planung

Die beste Reisezeit ist für mich…
Im Frühjahr (April/Mai) und im Herbst (September(Oktober) für Zentral- und Süd-Japan. Im Sommer dann in den Norden.  Wenn möglich aber außerhalb der Hochsaisonen reisen. Die Zeit der Kirschblüte (April) ist zwar sicher schön, es ist dann aber an vielen Orten auch überlaufen.

Die beste Wanderung die ich dort gemacht habe ist …
Der Kumano-Kodo-Pilgerweg bietet eine wunderschöne Kombi aus herrlicher Naturlandschaft und schönen Tempelanlagen am Weg.

Was macht die Wanderung besonders?
Sehr beeindruckend fand ich die die bis zu 800 Jahre alten Bäume beim Daimonzaka-Aufstieg zum Nachi Taisha Tempel bei Kii-katsura.

Toll finde ich diesen Wanderführer, diese Romane, diese Karte
Den Japan– Reiseführer vom Verlag „Lonly Planet“ und den „KulturSchock Japan“ vom Verlag Reise Know-How fand ich gut.
Die Romane von Haruki Murakami: Kafka am Strand, 1Q84, Mister Aufziehvogel, uvam.

Auf was muss man aufpassen?
Japan für ist ein wirklich total sicheres Reiseland! Die Orientierung fällt – bedingt durch die für uns unverständlichen japanischen Schriftzeichen – Alleinreisende ev. schwer.

Mein persönlicher Geheimtipp:
Der Blick von oben auf das quirlige Shibuya-Crossing in Tokyo, der unglaublich stimmungsvolle Tempelgarten vom Kozenji-Tempel im Kisotal

Fotos: Hier geht es zu einer Auswahl meiner Japan-Bilder auf Facebook

Reiseinfos: Hier geht es zu unserer Weltweitwandern-Reise nach Japan: www.weltweitwandern.at/asien/japan/


 

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