Über die Wichtigkeit des Scheiterns zum Ausloten des eigenen Weges.

Misserfolge, Irrwege, Durchhänger und Rückschritte sind fixer Bestandteil jedes Weges zum Erfolg / zur Zufriedenheit!

Das Leben birgt viele Umwege in sich.
Die Kunst besteht darin, dabei die Landschaft zu bewundern.

Sei mutig, getraue dich zu scheitern!

„Immer versucht. Immer gescheitert. Einerlei. Wieder versuchen.
Wieder scheitern. Besser scheitern.“ Samuel Beckett (1906-1989)

Diese Betrachtung über das Scheitern ist mir sehr wichtig.
So wichtig, dass ich ihr gleich ein ganzes Kapitel in meinem nun entstehenden Buch gewidmet habe.

Man darf schon in der Schule keine Fehler machen

Unser ganzes Schulwesen ist ja leider so aufgebaut, dass „Fehler machen“ etwas Schlechtes ist.  Fehler dürfen möglichst nicht passieren. Für Rechtschreibfehler bekommt man schlechte Noten und wird so bestraft und dazu angeleitet von Beginn an möglichst keine oder möglichst wenige „Fehler“ zu machen….
Im Berufsleben geht das dann weiter. Unternehmer, die nicht erfolgreich sind, sind Versager und werden als solche gebrandmarkt: „Bankrottbetrieb“!

Gutes lernen läuft über Fehler und Irrwege

Das ist echt innovationsfeindlich, denn immer wenn man etwas Neues versucht, geht man in eine Unsicherheit hinein. Man „kann“ das Neue noch nicht so gut und ist unsicher. Es passieren unweigerlich Fehler und man geht auch häufig Irrwege. Gutes Lernen läuft ja immer nur über  Irrwege und  Fehler!

Es ist nicht möglich Neuland zu entdecken, wenn man nicht bereit ist für sehr lange Zeit das Ufer aus den Augen zu lassen. Andre´ Gide

Manchmal führt ein neuer Weg, eine neue Idee auch in eine totale Sackgasse und man muss mühsam und erschöpft wieder zurück und noch einmal ganz von vorne anfangen. Manchmal ist eine neue Idee, ein neuer Weg auch einfach ein Blödsinn und funktioniert gar nicht und man muss sie aufgeben.

Die eigene Vision finden 

Und doch: Um die eigene Vision und den eigenen Weg zu finden und zu verwirklichen finde ich es enorm wichtig immer wieder zu versuchen die ausgetretene Spur zu verlassen und neue Wege auszuprobieren. Sich inspirieren lassen, neue Gedanken zu denken und neue Methoden zu erproben.

Das „Neue“ macht oft Angst. Viele Menschen sind unzufrieden mit ihrem täglichen Leben. Aber die Angst vor dem Neuen, die Angst vor der Unsicherheit verhindert jeglichen Versuch da wegzukommen.

Das „Tun“ und das „Versuchen einen neuen Weg zu gehen“ soll jedoch nicht reiner, blinder „Aktionismus“ sein. Es geht nicht um „irgendeinen“ Weg, sondern um ein „Ausloten“, wo der eigene Weg hinführt.

Den eigenen Weg zu finden und zu gehen ist ja ein längerer Prozess, bei dem man immer wieder auf Ideen, Wünsche, Wege und Möglichkeiten trifft. Ich bin der festen Meinung, man muss seine Träume immer wieder ausprobieren um sie zu überprüfen und am Leben auszuloten.

Wenn man zum Beispiel sein ganzes Leben ganz stark davon träumt, dass man eigentlich ein Fotograf oder eine Yogalehrerin sein möchte oder einfach unglücklich mit seiner aktuellen Beschäftigung ist und niemals Schritte in erträumte neue Richtungen macht, dann wird man frustriert und unglücklich.

Neue Wege entstehen, indem man sie geht / Franz Kafka
Neue Wege entstehen, indem man sie geht / Franz Kafka

Scheitern und Irrwege sind ein „Näherungsverfahren“
zum Verwirklichen der eigenen Vision

Die Verwirklichung des eigenen Weges sehe ich selbst als eine Art „Näherungsverfahren“.
Viele von uns beginnen in ihrem Leben eine Ausbildung, einen Job, ein Projekt und merken, dass es nicht passt. Also braucht es nach einiger Zeit eine Veränderung, eine neue Richtung.

Ich rede hier aber nicht von „Jobhopping“, bei dem man alle paar Monate den Arbeitsplatz wechselt und niemals den richtigen Arbeitsplatz findet, weil ja eh alle „Scheiße“ sind… (…aber vielleicht macht mich der nächste Job ja dann endlich glücklich?)
Das ist wie immer nach der Traumfrau zu suchen und immer nach einigen Monaten Verliebtheit aus der Beziehung auszusteigen, weil unerwartet Fehler beim „Anderen“ auftauchen.

Reflexion & Innehalten

Es bedarf immer einer starken Reflexion, einem „Innehalten“ um zu schauen: Was sind MEINE eigenen Talente, Begeisterungen und Entwicklungspotentiale. Wo werden diese „am Arbeitsmarkt“ oder als „Dienstleistung“ gebraucht und wie kann ich diese dort optimal umsetzen. Es ist wichtig eine aktive, selbstverantwortliche und auch kritische Haltung einzunehmen.
Den idealen „Traumjob, der mich glücklich macht“ den gibt es ebenso wenig, wie den idealen „Traumpartner ohne Fehler, der mich glücklich macht“. Aber es ist möglich einen Entwicklungsweg zu gehen bei dem man seiner Vision, seinen ureigenen Talenten und innewohnenden Begeisterung laufend näherkommt!

Ich selbst bin sehr häufig „Irrwege“ gegangen, hier ein paar ausgewählte Beispiele:

Aufwändiger Ausbildungsweg: Gescheitert!
Ich habe zunächst eine über 15 Jahre dauernde, aufwändige Ausbildung zum Bautechniker, dann zum Architekten absolviert und habe monatelang für die Baumeistergewerbeprüfung gelernt. Das Meiste davon (z.B. Baustatik, Ö-Normen, Bauzeichnen, usw.)  brauche ich heute überhaupt nicht. Ein sehr langer Irrweg!

Traum vom Reiseschriftsteller: Gescheitert!
Mein sehr früher romantischer Lebenstraum war es ja „Reiseschriftsteller“ oder „Reisefotograf“ zu werden. Ich schrieb erste Artikel und machte 2 Fotoausstellungen und gab dabei mehr Geld aus, als ich dabei einnahm. Zudem habe ich für beide berufe einfach nicht das nötige Talent und auch nicht die nötige „Leidensfähigkeit“: Wieder ein gescheiterter Lebenstraum von mir!

Traum von meinen Diavorträgen leben zu können: Gescheitert!
Einige Jahre später verdiente ich dann – während meines Studiums  – echt viel Geld mit meinen Reise-Diavorträgen. Viele Vorträge in Graz und Wien in den späten 80er-Jahren waren ausverkauft und ich war damals fast ein wenig der lokale „Star“ in der Vortragsszene. Als ich dann aber nach dem abgeschlossenen Architekturstudium diese Tätigkeit endlich (!) hauptberuflich ausüben wollte, kamen dann auf einmal kaum mehr Leute zu meinen Vorträgen. Am Tiefpunkt meiner „Karriere“ besuchten nur 3 Gäste meinen Vortrag in Linz und nur ca. 5 denselben Vortrag in Innsbruck. Die Saalmieten von jeweils ca. 3-500 EURO musste ich aber trotzdem bezahlen! Das konnte nicht lange gut gehen. Meine Themen trafen anscheinend nicht mehr den „Geschmack“ der potentiellen Besucherinnen und das ab den 90er-Jahren stark aufkommende neue Satellitenfernsehen lieferte tolle Reisereportagen rund um die Uhr in die Wohnzimmer….
Ich suchte mir dann ganz schnell eine Anstellung in einem Architekturbüro, war damals echt unglücklich und „leckte meine Wunden“. Wieder einmal gescheitert!

Aus all den „Scheiter-Erlebnissen“ und Irrwegen kamen dann aber wertvolle Einsichten und Lernprozesse und das alles war wichtig für meinen jetzigen Erfolg.

Aber auch später gibt’s und gab es immer wieder Irrwege und Scheitern:

Erweiterung der „Weltweitwandern“- Reisen auf Mountainbiken, Selbstfindung, Klettern, Segeln und Rundreisen: Gescheitert!

Die Firma Weltweitwandern lief äußerst gut. Unsere Gästezahlen wuchsen von Jahr zu Jahr immer zweistellig und alle in unserem Team waren motiviert und experimentierfreudig. Wir beschlossen dann unser Angebot mit weiteren „Spezialreisen“ ausweiten. Unser ganzes Team arbeitete dann in monatelanger Recherche im Jahr 2012 viele neue Reisen aus. Reisen mit Mountainbiken, Klettern. Yoga, Segeln, Meditieren, Reiten, Canyoning, und viele andere mehr.
Wir investierten nicht nur viel teure Arbeitszeit in diese neuen Reisen, auch der Katalog 2013 wurde doppelt so dick (und doppelt so schwer) und unsere Ausgaben für den Druck und den Versand stiegen sprunghaft. Die Kosten waren mehr als doppelt so hoch. Das Team war die ganze Zeit auch sehr beschäftigt. Die Marketingleiterin reagierte zusehends verwirrt und fragte: „Für was stehen wir bei Weltweitwandern nun eigentlich, bei all den neuen unterschiedlichen Produkten?“
Kurz darauf erwischte uns Ende 2013 dann voll die Krise: Trotz vieler Arbeit und wachsender Buchungen blieb gar nichts übrig, ich wendete nur durch meinen Verzicht auf meinen Jahreslohn eine negative Bilanz ab.
Im Folgejahr strichen wir dann ALLE neuen Reisen wieder aus dem Programm. Gescheitert!
(JA! ABER: Viel gelernt und in und nach der Krise viele Dinge verändert, die extrem Wichtig für unseren Erfolg mit Weltweitwandern bereits zwei Jahre später waren!)

Lebenstraum der langen Weltreise: Gescheitert!     

Mein jahrelanger GANZ GROSSER LEBENSTRAUM war es, noch einmal eine längere „Weltreise“ zu machen. Ich besprach diesen Traum oft mit meiner Frau und auch meine Mitarbeiter wurden einbezogen, dass ich in einigen Jahren mal „länger wegsein“ würde. Die Kids ein Jahr aus der Schule zu nehmen ist in Österreich ja durchaus möglich und durch meine weltweiten Kontakte ließe sich so eine Reise auch gut finanzieren, organisieren und durchführen.
Als dann aber unser drittes Kind – Sohn Leo – geboren war, konfrontierte mich meine Frau damit, dass für Sie eine längere Reise nun überhaupt gar nicht mehr „dran wäre“ in ihrem Leben.
Mir viel innerlich „aller runter“: Für mich war ja gerade DAS aber mein großer Lebenstraum, der mir wirklich SEHR wichtig war. Oft diskutierten wir daher da drüber und kamen dann zur Lösung, dass ich es ja durchaus auch mal alleine mehrere Wochen „auf Weltreise“ gehen könne. Im Jänner 2012 startete ich dann für geplante 2 Monate nach Patagonien.
So wie „früher“, als ich mit 19 Jahren für 4 Monate durch Asien reiste: Ohne große Planung, nur ich und mein großer Rucksack. Inzwischen war ich allerdings 48 Jahre alt.
Kurz zusammengefaßt: Mein Traum noch einmal unbeschwert alleine mit dem Rucksack durch die Welt zu reisen scheiterten total!!

Für viele der jungen Rucksackreisenden war ich fast ein „Alien“.
Ein junger Oberösterreicher, neben dem ich im Überlandbus zum Torres de Paine Nationalpark saß fragte mich: „Es muss schon ganz anders sein, wenn man so alt wie „Sie“ ist und mit dem Rucksack herumreist….“
Allein schon die „per Sie“-Anrede durch einen Mitrucksackreisenden empfand ich als bodenlose Frechheit!
Aber er hatte recht: Ich fühlte mich oft einsam. Vermisste meine Familie. Früher war das „Herumhängen“ in einer „Travellerherberge“ für mich spannend. Jetzt empfand ich es langweilig und kam mit den Mitte-zwanzigjährigen auch kaum ins Gespräch….
Die für mich spannenden Wanderungen in Patagonien funktionierten dann alle irgendwie gar nicht. Im „Torres del Paine Park“ gab es einen Waldbrand und der halbe Park war deshalb gesperrt. In Feuerland gab es keine passenden Schiffsverbindungen für meine Wanderung und beim Cerro Torre waren mir einfach zu viele „Touristenmassen“… Außerdem vermisste ich meine Familie echt sehr und fand planloses Herumreisen und Herumhängen und Warten auf „sich spontan ergebende Möglichkeiten“ einfach nur nervtötend. Diese Art zu Reisen war für mich als 19-jähriger und die Jahre darauf extrem bereichernd gewesen. Nun mit fast 50 war das einfach „gar nicht mehr mein Ding.“
Also buchte ich nach zwei Wochen in Patagonien meinen Heimflug und reiste wieder ab….
Wieder ein Lebenstraum gescheitert!

Aber das ist für mich durchaus positiv, weil für mich ist nun klar, dass ich für diese Art zu reisen zu alt bin.

Das war ein alter „Wunschtraum“, der nun gar nicht mehr gilt.
Zudem: so lange meine Kinder noch recht klein sind will ich auch gar nicht mehr so viele Wochen unterwegs sein. Ich hab aber natürlich eine Menge anderer  – kürzere  und besser geplante – Reisepläne.
…und wenn meine Kids dann größer sind, dann geht eh wieder auch etwas längeres….

Das Leben ist keine Generalprobe“. Es ist schon seltsam – wir leben oft so, als wäre das Geld oder sonst was das Allerwichtigste … dann brauchen wir diese Schicksalsschläge, die uns ermahnen und uns gleichzeitig ermutigen, das Leben doch jetzt, heute und nicht morgen, ernst zu nehmen. Heini Staudinger / GEA-Chef

Tu es oder tu es nicht. Es gibt kein Versuchen. / Yoda zu Luke Skywalker während dessen Ausbildung 

Viel Erfolg bei Deinem eigenen Scheitern!

wünscht Dir Christian Hlade

PS:
Lass dich nicht unterkriegen.
 Sei frech und wild und wunderbar. Astrid Lindgren


 

Comments ( 2 )

  • Sabine

    Hallo Christian,
    ich bin ja begeisterter Leser von Ihrem Blog und es gibt so viele Punkte, an denen ich schmunzeln muss ( fast ein Spiegel meiner Gedanken ) und jetzt auch mal dazu schreiben muss. Sie bringen es sehr treffend auf den Punkt. Denn gerade an dieser „Angst vor Scheitern; Angst Fehler zu machen und Angst, etwas zu verlieren“ krankt es in unserer Gesellschaft. Und dies fängt zum Teil schon in der Schule an. Dabei gehen Unbekümmertheit, Leichtigkeit, Ideen und auch Innovation verloren. Schön, dass Sie so offen über das Schöne am „Scheitern“ ( gibt es aus meiner Sicht nicht, denn es ist eine Erafhrung und jede Erfahrung bringt uns irgendwie weiter ) und das, was man dabei gewinnen kann. Ich denke immer noch an Ihre von mir umgesetzte Buchempfehlung zum Cafe am Rande der Welt. Danke dafür. Und auch Danke für Ihre inspirierenden Gedanken. Für Ihre Kinder ist es sicherlich ganz super, dass ein Papa sie ermutigt, Dinge auszuprobieren und auch mal fallen zu können…. denn danach steht man auf und geht weiter…. seinen Weg

  • Irmlind Dienesch

    Als glückliche TN’n mancher WWW-Reisen mag ich (auch) an dieser Stelle DANKE sagen für dein ‚Scheitern‘, lieber Christian Hlade! Ich bin froh und dankbar, dass es es euch gibt. Ich lebe nach dem Motto:
    ‚Umwege‘ verbessern die Ortskenntnisse…. :-)
    Alles Liebe! Irmlind Dienesch & Co.

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