1981 – mit damals 17 Jahren – landete ich mit dem Zug in Marrakesch, weil bis hierher galt mein Interrail-Ticket! Das war die Grenze der für mich damals erreichbaren Welt…

Die Stadt war ein Strudel aus Eindrücken. Die engen Gassen der Medina, das Gedränge der Menschen, alles war für mich wie aus einer anderen Zeit, eine andere Welt.
Händler riefen laut ihre Waren aus, in kleinen Werkstätten wurde gehämmert und gesägt – auch von kleinen Kindern. Über allem lag der Duft von Minztee, Kohlenrauch, Gewürzen, Tierdung und frisch gebackenem Brot.
Der große Jemaa el-Fnaa in Marrakech war nicht nur ein Marktplatz, sondern ein lebendiges Schauspiel: Musiker, Gaukler, Schlangenbeschwörer – eine Kulisse, die mir fremd war und mich gleichzeitig faszinierte.

Ich war jung, neugierig, voller Fragen über die Zukunft.
Dann war ich noch viele weitere Male hier. Als Student mit Freunden noch zweimal die ganze lange Strecke durch Italien Frankreich Spanien mit dem Auto.
Architekturstudium, Zweifel an meiner Zukunft, der Wunsch, etwas anderes zu erleben. Die vorgefertigten Muster meiner Eltern und unserer Gesellschaft zu verlassen. Ich wusste nicht, was vor mir lag. Aber diese Reisen hierher und weitere zum Beispiel nach Ägypten, Indien und Nepal prägte mich tief.

 

Heute: Zurück mit meiner Familie

Jetzt, über 44 Jahre später, bin ich wieder hier. Nicht mehr als junger Mann, der nach Orientierung sucht, sondern als Vater, als erfolgreicher Unternehmer. Ich habe in diesen Jahren Weltweitwandern aufgebaut, mit über 30 Mitarbeitenden in Graz und hunderten Guides, Partnern und Teams auf der ganzen Welt. Reisen ist nicht mehr nur meine persönliche Leidenschaft – es ist mein Beruf, meine Lebensaufgabe geworden. Marokko ist, neben Madeira und dem Balkan, unsere wichtigste Reise-Destination.

Diesmal bin ich nicht allein. Da ist Carmen, meine Frau, die mich in all den letzten Jahren bis zu dem Jetzt und Hier begleitet und unterstützt hat. Da sind unsere Kinder Laura, Lino und Leo und ihre Freunde David und Leo. Diese Reise ist aus meinem Bedürfnis entstanden mit diesen mir liebsten Menschen meine Faszination für dieses Land und die Menschen hier zu teilen. Gemeinsam erleben, wie sich eine Weltweitwandern-Reise als Familie, als Jugendlicher und junge Erwachsene anfühlt.
Hier in diesem Land, dem ich soviel verdanke – Antworten und Fragen und Freundschaften.
Ich möchte Verbindungen schaffen.
Ich möchte mein Glück auf die Menschen hier zählen zu können und die unbeschreibliche Macht der Weite der Wüste, Wucht der Eindrücke in den Souks mit meinen Kindern teilen.
Es ihnen ermöglichen, diese Welten mit ihren eigenen Augen und Sinnen entdecken zu können und dabei meine Wurzeln und Freundschaften erleben können. Vielleicht wird diese Art des Reisens auch für sie ein Teil ihres Lebens. Gemeinsame Erinnerungen schaffen….

 

Marrakesch: Wandel und Beständigkeit

Marrakesch hat sich verändert. Die Stadt ist moderner, sauberer, touristischer geworden. Viele der Innenhofhäuser (Riads) sind renoviert und zu Boutique-Hotels geworden. Gefühlt hunderte Dachterrassen-Restaurants werben um Gäste.

Aber die Essenz der Stadt ist geblieben. Am Morgen, wenn die Händler ihre Stände aufbauen, wenn die ersten Bäcker die Öfen anheizen, wenn in den Werkstätten das Hämmern beginnt, dann ist es noch immer das Marrakesch, das mich 1981 in seinen Bann gezogen hat.

 

Tahar Ben Jelloun schrieb über Marokko:

„Marokko gleicht einer Zimmerflucht, deren Türen sich öffnen, wenn man hindurchgeht. Man kommt nur weiter, wenn man das Land immer wieder besucht, sich immer aufs Neue wundert und die Neugier bewahrt, es zu verstehen und sich ihm zu nähern. Jede Tür eröffnet einen anderen Ausblick: auf einen Raum, ein Gesicht, eine Stimme, ein Geheimnis.“

Nach all den Jahren kann ich diesen Gedanken gut nachvollziehen. Marrakesch zeigt sich nicht auf den ersten Blick. Wer sich Zeit nimmt, die kleinen Seitenstraßen erkundet, mit den Handwerkern ins Gespräch kommt, Tee in einem versteckten Innenhof trinkt, kann auch heute noch in den alten Geist dieser großartigen Stadt eintauchen.

Die Wüste: Stille, Weite, Licht

Nach Marrakesch führte uns unsere Reise weiter in die Sahara. Südlich des Hohen Atlas endet die Straße, in M’Hamid beginnt die Wüste.

Der Rhythmus der Wüste beginnt früh. Um sechs Uhr, noch in der Dunkelheit, stehen wir auf. Der Vollmond am Himmel taucht die Landschaft in silbriges Licht. Nach dem Frühstück brechen wir in die Morgendämmerung auf – der beste Zeitpunkt zum Wandern, wenn die Luft noch kühl ist und das erste Sonnenlicht die Dünen zuerst in sanftes Violett und dann in leuchtendes Orange taucht.

Die Vielfalt der Wüstenlandschaft überrascht mich auch nach all den Jahren immer wieder. Von zerklüfteten Lehmflächen, die an Krokodilhaut erinnern, über blühende Büsche bis zu Stellen, wo wir sogar Wüstenpilze entdeckten.
Jeden Morgen finden wir neue Tierspuren im Sand – nächtliche Besucher, die unsichtbar blieben, aber ihre Geschichten im Sand hinterlassen.

Unser Berber-Team macht die Reise besonders. Mein Freund Lahoucine, sein Neffe Said und unser genialer Trekkingkoch Omar begleiten uns. Mohammed und seine zwei Kollegen – vom örtlichen Stamm der Ait Ata – führten die Dromedare – nicht nur als Lastentiere, sondern auch zum Reiten. Die Silhouetten der Dromedare vor dem Morgen- oder Abendlicht schaffen eindrucksvolle Bilder.

Das Schönste an der Wüste sind die gemeinsamen Momente. Wir spielen Karten, kicken Fußball im Sand, und die Jugendlichen entdecken das Dünensurfen mit einem mitgebrachten Snowboard für sich. Diese Zeit zwischen den Generationen, fern von digitaler Ablenkung, gehört für mich zu den wertvollsten Momenten unserer Reise.

Abends sitzen wir am Feuer, essen Brot, das im Sand gebacken wurde. Über uns ein Himmel voller Sterne. Die Stille hier ist vollkommen.

Antoine de Saint-Exupéry schrieb über die Wüste:

„Die Wüste beschenkt, sie verändert dich. Gib dich hin, entsage, leide, kämpfe, durchquere die Wüste voller Durst, weise die Tränen zurück, und so werde ich dir zur Entfaltung deiner selbst helfen.“

Die Wüste zwingt zur Einfachheit, nimmt alles Überflüssige weg. Sie lässt den Blick weit werden. Ich bin dankbar, dass ich diese Erfahrung nun mit meiner Familie teilen kann.

 

Mein persönliches Fazit

Marokko hat sich in vierzig Jahren verändert, aber es bleibt ist und für mich ein Sehnsuchtsort. Auch ein innerer. Eine Welt, die mich geprägt hat. Hier gibt es für mich nun Freundschaften, die schon seit Jahrzehnten bestehen. Hier habe ich gelernt, was es heißt, sich auf das Fremde einzulassen. Marokko hat mein Leben geprägt und verändert. Hierher komme ich immer wieder gerne zurück.

Nun, mit meiner Familie an meiner Seite, erlebe ich Marokko auf eine neue Weise. Und während wir durch die Wüste wandern, denke ich daran, wie diese Reise vor vier Jahrzehnten begann – mit einem 17-Jährigen, der einfach nur so weit weg wollte, wie sein Zug-Ticket ihn brachte.

Hier auf in der Wüste auf der Düne lasse ich den Sand durch die Finger rieseln während Mohamed die Dromedare zum Camp zurückholt und die magische Stunde ihren Zaubermantel über die Landschaft und uns wirft.
Wo stehe ich, wer bin ich, wohin gehe ich?
Eines weiß ich sicher:
Dies wird nicht meine letzte Reise hierher gewesen sein….

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Hier gehts zu unseren bewegenden Marokko-Reisen: https://www.weltweitwandern.at/afrika/marokko/

 


 

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