Im Oktober & November war ich 550 km in 23 Tagen zu Fuß unterwegs am Franziskusweg von Florenz nach Rom.
Hier mein Reisebericht in mehreren Teilen:

„There is a crack in everything – that’s how the light comes in“
 – das sang einst Leonard Cohen.

Manchmal braucht es so einen Riss im Leben, damit sich neue Türen öffnen. Ein hartnäckiger Bandscheibenvorfall hatte mich 2024 ab März monatelang völlig aus der Bahn geworfen. Ich war lang wie im „Schmerztunnel“. Nicht einmal sitzen konnte ich. Arbeiten nur unter extremen Schmerzen und das wirklich sehr eingeschränkt. Nach sieben Monaten, vielen Ärzten und sehr vielen wirkungslosen Schmerzmitteln und Therapien – und ja auch viel „Jammern“ – war mir klar: Ich musste etwas ändern. Radikal. Wieder innen und außen „in Bewegung kommen“!

Unerwartete Geschenke der Krise

Heute, am Ende dieses Jahres, blicke ich zurück und stelle überrascht fest: Es war ein wunderbares Jahr. Ja, ich hab Monate voller Schmerzen verbracht, konnte nicht sitzen und kaum arbeiten – und doch wurde es eines meiner reichsten  – und auch erfolgreichsten Jahre. Die Krise zwang mich zum Innehalten, schenkte mir Zeit. Zeit für mich selbst, für Wanderungen erst hier in Österreich, später dann auf dem Franziskusweg, für Skitouren mit meiner Tochter, für eine Reise nach Zypern mit meiner Frau. Ich entdeckte das Gehen für mich neu – als Kraftquelle, als Medizin, als Weg zu mir selbst.

Und noch etwas Überraschendes geschah: Während ich wanderte, gewann ich auch neue Perspektiven für meine Firma Weltweitwandern. Auf den stillen Wegen hatte ich Zeit, über Werte nachzudenken, über Markenausrichtung, über unseren Fokus. Mit unserem großartigen Team bei Weltweitwandern konnten wir heuer dann auch sehr wichtige Weichen stellen. Die Buchungen sind heute so hoch wie nie zuvor – jetzt im letzten Jahresquartal hatten wir eine Steigerung von +30 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Große Freude, nach so einer langen wirklich schwierigen Zeit!

Der Franziskusweg als Heilungsreise

Der Franziskusweg wurde für mich zu einer Reise nach innen, die ich aber mit vielen Menschen teilen durfte. Meine Reiseblogs auf Facebook und Instagram wurde von bis zu 50.000 Menschen gesehen, ich bekam viele großartige Rückmeldungen. Es entstand eine richtige „Community“ mit viel Austausch. (Vielen Dank dafür!) Als Vorwanderer von Weltweitwandern ist genau das ja auch mein Job: Wege zu erkunden und andere daran teilhaben zu lassen.

Das Gehen wurde zu meiner persönlichen Medizin. Seit Jahrzehnten organisiere ich Wanderreisen für andere Menschen, und nun half mir das Wandern selbst, wieder auf die Beine zu kommen. Spannend, oder? Zuerst probierte ich es mit Tageswanderungen ohne Rucksack, dann wagte ich mich auf mehrtägige Touren. Schon lange hatte ich den Franziskusweg im Kopf. Die Bücher darüber standen seit über zehn Jahren in meinem Regal. Der Weg führt 540 Kilometer in zirka 28 Tagesetappen von Florenz über Assisi nach Rom. Durch wilde Wälder, über die Höhen des Apennin, vorbei an uralten Klöstern und Orten. Doch meine Motivation für diese Pilgerreise war nicht nur die körperliche Heilung. Mein 60. Geburtstag lag gerade hinter mir, und so kam das Bedürfnis, innezuhalten, nachzudenken und neue Perspektiven zu finden – mit Inspirationen durch Franz von Assisi und Buddha.

Über drei Wochen war ich dann unterwegs. Traf unerwartete Weggefährten wie Frank, den Hamburger Psychotherapeuten, der wie ich mit 60 noch einmal aufbrach. Die Nonne in La Verna, die vom tiefen Felsriss erzählte – der Franziskus an den Abgrund seiner Zweifel führte. Den Römer Mario, der seinen Job als Programmierer aufgab, um in einer alten Waldkirche zu leben. Und immer wieder Begegnungen mit dem Geist des heiligen Franziskus, der vor 800 Jahren hier wanderte – und mit seiner zeitlosen spirituellen Botschaft.

In den nächsten drei Blogbeiträgen nehme ich dich mit auf meinen Weg durch die Toskana, Umbrien und das Latium. Es wird um alte Klöster gehen und lebendige Kleinstädte, um einsame Waldwege und den Duft von Maroni im Herbstwald, um die Kraft des Gehens und die Weisheit der Stille.

Was ich dir mitgeben möchte: Ja, es gibt Krisen. Ja, es gibt Schmerzen. Mit sechzig gehören sie ja auch zum Leben. Aber bleib nicht sitzen, auch wenn die Schmerzen monatelang andauern. Verharre nicht im Jammern. Such deinen Weg aus der Krise. Mach dich auf. Es gibt immer einen Weg – manchmal musst du nur zu Fuß losgehen.

Nach dem ersten Cappucino geht’s los auf 23 Tage am Franziskusweg von Florenz nach Rom!

Teil 1: Die ersten Schritte – Von Florenz in die Toskana

Aufbruch in Florenz

Die Fahrt im Nachtzug von Graz nach Florenz verlief überraschend angenehm. Nach einem ersten italienischen Cappuccino brach ich um 7:45 Uhr auf. Die sanften Hügel der Toskana waren der perfekte Einstieg. Alte Kirchen, schlossartige Herrenhäuser, versteckte Dörfer, stille Wälder. Ab Mittag tauchte ich in ein weites Waldgebiet ein, durchzogen von Kastanienbäumen. Herrliche Maroni lagen überall auf dem Boden. Der Geruch des Waldes mit vielen Pilzen, von Wildschweinen aufgewühlte Erde Alle Sinne waren wach, ich voll motiviert, die Schmerzen wegen der heilsamen Bewegung sehr erträglich!

Bewegung beflügelt den Geist

Während ich pilgere, erlebe ich immer wieder, wie das Gehen nicht nur meinen Körper, sondern auch meine Gedanken in Bewegung bringt. Durch die herrliche Natur, das Farbspiel der Blätter, schöne Blicke, Vogelstimmen oder auch durch die Anforderungen des Weges werde ich beim Gehen immerzu sanft ins „Hier und Jetzt“ geholt. An einem festen Ort neigen hingegen meine Gedanken eher dazu, sich festzufahren, zu verengen. Bewegung macht bei mir oft den Geist weit und erzeugt Raum für Kreativität.

Die erste Lektion

Der Morgen des zweiten Tages beginnt mit einer Lektion in Demut. Meine Füße melden sich mit extremen Schmerzen. Die gestrige Etappe – 35 Kilometer und 1.200 Höhenmeter in einem Zug – war eindeutig zu viel. Vorfreude und Ungeduld hatten mich übermütig gemacht. Nach einem herzhaften Frühstück beginne ich trotzdem zu gehen, zuerst etwas humpelnd. Die Blumenhändlerin in Stia stellt gerade ihre Ware raus, das beschauliche Leben der toskanischen Kleinstadt nimmt langsam Fahrt auf.

Unterwegs bei Regen mit Frank am Franziskusweg

Zu zweit unterwegs

Am Nachmittag lerne ich Frank kennen, den ersten Pilger auf meinem Weg. Er ist Arzt und Psychotherapeut aus Hamburg, genauso alt wie ich – 60 – und ebenfalls auf dem Franziskusweg unterwegs. Wir stellen schnell fest, dass wir einiges gemeinsam haben, unter anderem jeweils eine Tochter in einem ähnlichen Alter. Unsere Gespräche kommen ganz natürlich, wir wechseln zwischen Austausch über unsere Berufe und persönlichen Geschichten. Manchmal gehen wir einfach schweigend nebeneinander her, lassen die Umgebung und den wunderschönen Herbstwald wirken. Es tut gut, einen Begleiter zu haben, der den gleichen Rhythmus teilt. Der dritte Wandertag beginnt im alten, charmanten Hotel gegenüber dem Kloster Camaldoli. Das Café ist gefüllt mit lokalen Delikatessen, Schinken, Würsten, Wein- und Prosecco-Flaschen – ein dichtes italienisches Lebensgefühl. Frank und ich wandern wieder durch ein riesiges, uraltes Waldgebiet, in dem schon seit über 1000 Jahren Mönche leben und den Wald behutsam pflegen. Ein buchstäblich heiliger Wald!
Frank ist noch Wanderanfänger und wird unsicher wegen der Wettervorhersage. Ich kann ihm mit meiner Erfahrung die Angst nehmen, zeige ihm, wie man einen Schirm am Rucksack befestigt. Es ist schön zu sehen, wie seine Nervosität schwindet und er beginnt, den Weg trotz Nieselregen zu genießen.

Reflexion: Meine Lebensrollen

Während wir durch den herbstlichen Wald wandern, wird mir bewusst, dass ich nicht nur als „heilungssuchender Bandscheibenvorfallpatient“ hier unterwegs bin. Die unzähligen Kilometer, die ich bisher im Leben zurückgelegt habe, die Bücher, die ich übers Wandern schrieb – all das ermöglicht es mir, auch andere zu unterstützen. Wie viele unterschiedliche Rollen habe ich in meinem Leben schon eingenommen: Familienvater, Ehemann, Firmenchef, Buchautor, mehrfacher Vereinsgründer, Wanderer, Entdecker. Meine Familie spielt dabei eine zentrale Rolle. Carmen, meine Frau, die sowohl privat als auch beruflich viele Menschen liebevoll unterstützt. Unsere Tochter Laura, die sich gerade zur Abenteurerin entwickelt. Lino, unser Sohn, tief mit seinem Freundeskreis verbunden und nun im BWL-Studium. Und Leo, unser Jüngster, mitten in der Pubertät. Gemeinsam wandern wir auf dem Pilgerweg bis nach La Verna.

Wegweiser unterwegs am Franziskusweg

Mein täglicher Rhythmus auf dem Weg

Nach den ersten Tagen am Pilgerweg stellt sich bei mir nun ein „Pilgerrhytmus“ ein: Ich nehme mir hier auf dieser Pilgerreise jeden Tag nach dem Aufwachen Zeit zum Meditieren und zur bewussten Vorbereitung auf den Tag – mich positiv auszurichten. Ich praktiziere dabei ganz bewusst Dankbarkeit.

Ich bin zuerst einmal einfach „nur“ dankbar dafür, dass ich überhaupt lebe und dass es mir gut geht. Dankbar dafür, hier zu sein und diesen Weg zu gehen. Ich denke in Dankbarkeit an all die vielen Menschen, die mich unterstützen und mich im Leben begleiten. Dankbarkeit ist für mich wie ein Anker, der mich weitet, mich im Hier und Jetzt verankert und mir bewusst macht, wie viel mir im Leben bereits geschenkt wurde. Inspiration dazu kommt auch vom heiligen Franz von Assisi. Auch er ist der Schöpfung mit großer Demut und Dankbarkeit gegenüber getreten.

Unterwegs denke ich oft mit großer Dankbarkeit an meine Frau Carmen, die mir diese Reise ganz stark ermöglicht. Sie ist zu Hause, kümmert sich um alles und hat mich in meinem Wunsch bestärkt: „Wenn es dir bei der Heilung deiner Bandscheibenschmerzen hilft, dann geh doch!“ Dieses Vertrauen, das sie mir entgegenbringt, gibt mir die Freiheit, mich auf diesen Weg einzulassen und die Erfahrungen voll zu schätzen.

Unterwegs am Franziskusweg

Die ersten Tage haben mich viel gelehrt: über das richtige Tempo, die Kraft der Gemeinschaft und die heilende Wirkung der Bewegung. Aber die größten Überraschungen warten noch…

Weiter dann im nächsten Teil meines Reiseblogs „Meine Heilungswanderung auf dem Franziskusweg“
Bitte schreibe mir hier gerne Dein Feedback und Deine Gedanken, darüber freue ich mich sehr!

PS:
Wenn du mehr von “meinem” Franziskusweg oder Wandertipps hören willst – ich habe hier unterwegs zwei Testfolgen für meinen neuen Weltweitwandern-Podcast aufgenommen
Gedanken über das Wandern von unterwegs:
Tipps zur optimalen Wanderausrüstung von unterwegs:
Sie sind direkt beim Gehen entstanden, authentisch und ungefiltert.
Ich freue mich sehr auf dein Feedback: Welche Themen interessieren dich? Was möchtest du in diesem Podcast für Wandern und Reisen künftig hören?
Bei Weltweitwandern haben wir auch eine wunderschöne Reise nach Umbrien:  www.weltweitwandern.at/europa/italien/umbrien-huegel-burgen-cucina-italiana/
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