Groß und mächtig steht er im Abendlicht vor uns: Der Manaslu mit seinen 8.054m . Seine gewaltige Pyramide aus Stein und Eis überragt um atemberaubende 5.000m die Hochebene nahe des Ortes Samagaon, auf der wir uns nun gerade befinden.
Wir sind mit unserer kleinen Weltweitwandern-Gruppe schon seit 6 Tagen zu Fuß unterwegs. Unser Ziel ist es, den Manaslu und dann gleich anschließend auch noch die Annapurnakette zu umrunden.
Nachdem der Straßenbau in den vergangenen Jahren in Nepal große Fortschritte gemacht hat, verkürzt das leider mittlerweile viele der klassischen Trekkingtouren um einige Tage. Daher bietet sich diese „Kombi“ aus diesen zwei berühmten Trekkingtouren als gute Lösung an, um für längere Zeit im Hochgebirge des Himalayas auf schönen Wegen zu wandern.

Durchs Flusstal des Budhi Gandaki hinein in den Himalaya

Am Beginn unserer Wanderung müssen wir einige Hangrutschungen passieren, die die ganz neue Straßentrasse in Teilbereichen auch schon wieder ruiniert haben. Uns begegnen Pferdeführer und Schafhirten, die mit ihren Tieren auf und neben der Straße unterwegs sind. Die Landschaft wirkt gleich zu Beginn dramatisch und archaisch mit steilen, schroffen Berghängen – das Flusstal verengt sich immer wieder zu einer tiefen Schlucht. Unter uns schäumt das Wasser des Budhi Gandaki.

Immer wieder müssen wir den Fluss auf schwankenden Hängebrücken überqueren. Ich persönlich liebe diese Balanceakte etwas schwankend hoch über dem tosenden Wasser mit herrlichen Tief- und Weitblicken.

Immer wieder müssen wir diesen Fluss auf schwankenden Hängebrücken überqueren. Ich persönlich liebe diese Balanceakte – etwas schwankend hoch über dem tosenden Wasser mit herrlichen Tief- und Weitblicken. Die Brücken hier sind alle recht neu, ich vertraue den Stahlseilen – es gibt für mich keinen Grund mich zu fürchten! Die ersten Dörfer am Beginn des Tales und unseres Weges wirken ein wenig chaotisch aufgrund einiger Baustellen mit dem allgegenwärtigen Beton. Die neue Straße und die leichtere Verfügbarkeit von Zement und Stahl setzt schlummernde „Bauenergien“ frei. Zeichen einer beschleunigten Entwicklung, die der Straßenbau oft nach sich zieht. Je weiter wir gehen, desto schöner wird alles. (Das hängt aber auch ein wenig – wenn ich ehrlich bin – mit meiner besseren Stimmung ausgelöst durch das Wandern zusammen!) „Wandern macht die Welt schöner ;-)“ Aber die Landschaft und Dörfer werden auch wirklich immer schöner, je weiter wir von der Straße weg kommen und hinein in den Himalaya wandern.

Weiter oben weitet sich dann das Flusstal und alles wird flacher und weiter. Wir wandern hier auf unserem Weg längere Strecken durch urwaldartige Wälder mit mächtigen bemoosten Baumriesen und bunt blühenden Rhododendronbäumen.

In diesen uralten Wäldern – dunkle, kühle Räume, die durch die großen Baumstämme wie Kathedralen wirken – fühle ich mich immer wie in einem Feenreich. Ich empfinde eine große Dankbarkeit, dass es noch immer solche wunderbaren, alten Wälder gibt! Affen schwingen sich an manchen Stellen durch die Äste. Alles ist still und in Balance.

In den Dörfern entlang des Weges können wir herzigen Kindern beim Spielen und fleißigen Menschen bei der Feldarbeit zusehen. In den bunten buddhistischen Klöstern lauschen wir den Gebeten alter Frauen und Männer mit zerfurchten Gesichtern, wie Relief-Landkarten. Wenn wir selbst die kleinen oder auch großen Gebetsmühlen drehen, dann erklingen helle Glocken. Über unseren Köpfen flattern an vielen Orten bunte buddhistische Gebetsfahnen im Wind…

Trekking: Eine Reise zu sich und zu neuen Inspirationen

Eine längere Wanderung ist für mich immer auch eine wertvolle Gelegenheit meine Gedanken zu ordnen. Es ist immer auch ein wenig eine innere Reise. Wandernd und mich bewegend kommt mein Gehirn in Schwung. Unterwegs auf meinen Wanderungen begegnen mir dann aber auch „im Außen“ immer wieder spannende Menschen und Inspirationen.

Ich bin schon seit Längerem ein großer Fan des buddhistischen Mönchs, Autors und Lehrers Migyur Rinpoche. In seinem neuesten Buch „In Love with the world“ beschreibt er den Ausbruch aus seinem geregelten Leben als hochangesehener Abt und seine anschließenden Reisen und Wanderungen als Bettelmönch. Mit seinem Talent große Weisheiten des Buddhismus mit lebensnahen, sehr persönlichen und oft auch lustigen Geschichten auszudrücken ist Migyur Rinpoche mein buddhistischer Held!

Hier in Samagaon stoße ich immer wieder auf seinen Namen, denn Migyur Rinpoche wurde hier geboren. Die Dorfschule, ein Kindergarten und zahlreiche weitere soziale Projekte wurden von ihm initiiert. Neue Tempel werden hier unter seiner Schirmherrschaft gerade erbaut. Nördlich von Samagaon gibt es sogar ein Altersheim! Migyur Rinpoche investiert hier sichtlich viel von seinem Einkommen als Autor und Lehrer in sinnvolle Projekte. Ich bin nun noch beeindruckter von ihm!

Überhaupt wirken die Dörfer oben am Hochplateau wohlhabender, als die Ansiedelungen weiter unten entlang der oft engen Schluchten. Der Grund ist, dass wir hier den rein tibetischen Kulturraum betreten, einer der großen, jahrhundertealten Hochkulturen unserer Erde. Es war von hier aus früher viel einfacher nach Tibet zu reisen und dort Handel zu treiben, als durch die gefährlichen Schluchten hinunter nach Nepal. Heute halten ja die Chinesen leider noch immer Tibet besetzt, die nahe Grenze blieb seit Beginn der Corona-Pandemie dauerhaft geschlossen. Farbfernseher, Kühlschränke, ja sogar ein chinesisches Motorrad in Grenznähe weiter oben zeigen aber vom davor existierenden „kleinen Grenzverkehr“.

Nur wenige Tourist:innen unterwegs um den Manaslu

Ein wirkliches Highlight der Wanderung war für mich, dass wir im April unterwegs um den Manaslu nur sehr, sehr wenige andere wandernde Tourist:innen getroffen haben. In der ganzen ersten Woche nur einige wenige kleine Grüppchen, erst in Samagaon treffen wir eine größere französische Gruppe. Die noch immer sehr einfache Infrastruktur und das doch recht teure Permit verbunden mit der Auflage nur mit Agentur und Guide wandern zu dürfen, reduziert anscheinend die Menge an Trekkingtourist:innen.

Einer der vielen Höhepunkte unserer Wanderung ist sicher der Larkya Pass auf 5.135 m. Wir übernachten davor in einer sehr einfachen Lodge auf einer Hochalm. Noch vor Sonnenaufgang starten wir im Licht unserer Stirnlampen unseren Passanstieg. Oben führt uns der Weg dann über recht flache Schneefelder. Am Pass stehen wir einigen der höchsten Berge der Erde „Aug in Aug“ gegenüber – beispielsweise dem Himlung Himal (7.126 m) oder der Annapurna II (7.937 m).

Ein laaanger Abstieg, zunächst über weitere Schneefelder, dann entlang von Moränen ehemaliger Gletscher führt dann auf der anderen Seite hinunter zu wunderschön blühenden Rhododendronwäldern, in denen friedlich Yaks grasen….

Mit einer lustigen Party feiern wir dann ausgelassen mit Singen und Tanzen in unserer gemütlichen Lodge bei Tilche unseren erfolgreichen Passübergang und damit auch den ersten Teil unserer „doppelten Trekkingtour“.

Unsere Wanderung am beliebten Annapurna Circuit

Am nächsten Tag – es ist unser 12. Trekkingtag – erreichen wir beim Ort Dharapani die Wanderstrecke des „Annapurna Circuit“. Ich bin sehr gespannt und achte recht genau auf die Unterschiede. Was mich beruhigt: Es sind hier eigentlich auch gar nicht sooo viele Menschen unterwegs. Entlang des Manaslu waren wir ja die meiste Zeit ganz solo und einsam unterwegs.

Der Eindruck von „gar nicht so vielen Wandernden“ beruht natürlich auch darauf, dass ja alle Trekker in die gleiche Richtung gehen. Was aber dann schon in den ersten Dörfern wie Bagarchamp, Chame und Pisang sehr auffällt sind die vielen, vielen Geschäfte, Restaurants und Trekkinglodges und dort trifft man dann schon auf viel mehr Tourist:innen, als um den Manaslu. Die größere Beliebtheit und Bekanntheit des Annapurna-Circuit hat aber auch ihre großen Vorteile: Der Standard der Lodges und der Sanitäranlagen ist hier fast überall besser und auch die Essens-Auswahl reicher. Uns taugts, nach den zurückliegenden kargeren Tagen!

UND: Das wirklich grandiose Bergpanorama, das uns dann am Annapurna-Circuit vor allem ab Pisang, Braga, Manang, beim Abstecher zum Tilicho-See und dann weiter rauf zum Thorung-La Pass erwartete war schlichtweg spektakulär!

Die Überschreitung des 5,416m hohen Passes Thorong La fällt mir dann sehr leicht. Ich habe ja dort schon den 19. Wandertag intus und bin nun wunderbar akklimatisiert. So kann ich dieses Highlight völlig unbeschwert von der ansonst üblichen Pass-Atemnot auf über 5.000m unbeschwert genießen!

Ein echter Kulturschock erwartete uns dann nach dem langen Passabstieg im Ort Muktinath. Nach der Stille, Weite, Einsamkeit, der klaren Luft und den Begegnungen mit der tibetischen Kultur in den vergangenen Wochen umfängt uns ein quirliger Hindu-Pilgerort, an dem tausende eigens angereiste Pilger:innen gerade einen hohen Festtag feiern. Es ist heiß, es ist laut, es ist eng, es raucht überall und es riecht intensiv…
Und nur wenige Tage später in Kathmandu und dann zu Hause erscheint der Himalaya ja überhaupt schon fast wieder wie ein entferntes Traumreich….

Aber gerade auch wegen solcher starken Kontraste und Kulturschocks liebe ich das Reisen!

Fazit zur Umrundung des Manaslu und der Annapurnakette

Natürlich diskutieren wir innerhalb unserer Freundesgruppe, welcher der beiden Trekkings nun die bessere Route sei?

Unser Fazit: BEIDE!

Der Manaslutrek ist derzeit noch ursprünglicher und rauer. Die oftmalige Aussicht auf den mächtigen Berggiganten Manaslu ist wirklich sehr beeindruckend. Am Weg liegen schöne Dörfer, tibetische Klöster und herrliche Urwälder, inklusive blühender Rhododendronbäumen. Die Lodges und deren Sanitäranlagen sind hier aber zum Teil sehr einfach, darauf muss man sich schon einstellen.

Der Annapurnatrek ist zu Recht weltberühmt! Die Route bietet ebenfalls idyllische Dörfer und ganz großes „Himalaya-Bergpanorama-Kino“, wirklich sehr alte Wälder gibt’s hier kaum noch – jedoch im Frühjahr auch hier wunderschön blühende Rhododendronbäume . Die Infrastruktur ist hier viel besser: Entlang des Weges findet man viel mehr und schönere Lodges und dadurch auch mehr Komfort als um den Manaslu. Der Trek bietet phantastische Bergpanoramen, vor allem zwischen Chame – Upper Pisang – Manang und auch beim Abstecher zum Tilicho-See. Der Hauptgipfel der Annapurna 1 (8.091 m) liegt allerdings so versteckt, dass er bei der Wanderung um die Annapurna kaum zu sehen ist. Das Annapurnamassiv ist um vieles gewaltiger, größer und auch „vielgestaltiger“, als der einzelne Gigant Manaslu.

Meine persönliche Motivation

Seit meiner Kindheit begleitet mich mein Entdeckergeist. Was kommt am Ende der Straße, wo es nur mehr zu Fuß weitergeht? Was liegt hinter den Bergen, die den Horizont begrenzen? Wie hängen Kulturen und Lebensweisen mit dem Klima, der Landschaft und untereinander zusammen? Was macht uns Menschen aus?

Dieses Fragen und Suchen hat mich in meinem Leben zu vielen, wirklich wunderbaren Plätzen auf unserem Planeten geführt. Und dieses „Auskundschaften“ war auch ein wichtiger Grund für diese Reise. Das Land Nepal bereise und bewandere ich nun schon seit 1983. Vor nunmehr 40 Jahren habe ich dort mit 19 Jahren den „ABC-Trek“ gemacht. (ABC = Annapurna Base Camp.)

Schon seit 1999 veranstalte ich mit meiner Firma Weltweitwandern nun schon Trekkingreisen für meine Gäste in den Himalaya. Seit 2006 verbindet mich mit meinem Nepal-Partner Sudama und vielen unserer Guides – wie Sonam Sherpa – eine langjährige, intensive Freundschaft.

Ich habe in Nepal zwar schon viele Trekkingtouren gemacht, bisher aber weder den Manaslu, noch den Annapurnatrek bewandert. Das hat sich nun seit dieser Reise geändert.

PS:
Mein nächstes Ziel ist der 18-tägige Dolpotrek im September 2023, der Lieblingswanderung von meinem Freund, unserem Nepal-Guide Sonam Sherpa. Dolpo liegt nördlich des Dhaulagiri –zwischen Himalayahauptkamm und tibetischer Grenze. Wir werden dort zusammen mit ihm, meiner Tochter Laura und lieben Gästen unterwegs sein.

Planung

Beste Reisezeit

Im Frühling (März/April) blühen im Himalaya riesige Wälder mit großen Rhododendronbäumen. Die Berge sind vom Winter her noch schneebedeckt und sehen dadurch noch schöner aus. Das Wetter ist zu dieser Saison auch recht stabil. Zudem sind weniger Wandernde unterwegs, als in der beliebteren Herbstsaison (Okt/Nov) Während der Regenzeit (Juli-September) kann man in den Regionen nördlich der Himalaya-Hauptkette, (Dolpo und Tibet) sehr gut und trocken wandern. Der Winter (Nov.– Febr.)  – mit meist schönem und tagsüber auch recht warmem Wetter – ist wiederum perfekt fürs Panoramawandern in den Himalaya-Vorbergen mit tollen Aussichten.

Beste Wanderung

Am Trek zum Everest-Basecamp ist man den höchsten .8000er-Bergriesen Everest, Lhotse, Makalu und Cho Oyu und auch der wunderschönen Ama Dablam besonders nahe. Außerdem wandert man durch die Sherpa-Region mit berühmten Orten wie Namche Bazar, Tengboche, usw.
Der Annapura Circuit und der Manaslu-Trek bieten beide eine große Vielfalt an Vegetationszonen, Kulturen und Bergpanoramen. Ruhiger und ursprünglicher um den Manaslu, Komfortabler und ebenfalls wunderschön um die Annapurna.
Der Trek nach Langtang und Helambu liegt nahe der tibetischen Grenze und ist weniger besucht als die „berühmteren“ Treks. Dort erwarten uns ursprüngliche Natur und authentische Einblicke in das buddhistische Leben der dort lebenden Bevölkerung.
Das lange Trekking nach Dolpo führt in eine der entlegensten Regionen von Nepal und ist die Lieblingsroute meines langjährigen Freundes und Guides Sonam Sherpa.
Beim Panoramawandern in den südlichen Vorketten des Himalayas hat man wunderschöne Blicke von recht entspannten Wegen und schönen Lodges.
Super fand ich auch den Trek zum Annapurna Basecamp, allerdings ist der aktuell schon sehr überlaufen. Sehr herausfordernd den Trek um den Dhaulagiri. Berührend  -und auch stellenweise traurig – ist für mich auch immer eine Reise von Nepal nach Tibet. Wer lebendige, tibetische Kultur in Freiheit erleben möchte, sollte allerdings viel besser nach Ladakh (Nordindien) reisen!

Besonderheiten?

Ich muss sagen, ich fand jede meiner vielen Wanderungen in Nepal wunderschön und für sich und mich einzigartig! Was allen Trekkings in Nepal gemeinsam haben, ist die großartige Kombination aus wunderschönen Berg- und Landschaftserlebnissen, verbunden mit Begegnungen der Menschen und der tibetischen Kultur mit vielen Klöstern und Gebetsfahnen.

Literatur & Film

„In Love with the world“ und „Buddha und die Wissenschaft vom Glück“ von Migyur Rinpoche, „Geheime Wahlen“ und „Forget Kathmandu“ von Manjushree Thapa. „Auf der Spur des Schneeleoparden“ von Peter Matthiessen, „Lonely Planet Reiseführer Nepal“. „Im Herzen des Himalaya“ von Alexandra David-Néel. Filme: „Unmistaken Child“, „Himalaya“

Aufpassen

Besser unterwegs eher wenig Fleisch essen, auf eine gute Höhenanpassung und auf sicheres Trinkwasser achten.

Geheimtipp

In Nepal gibts die besten „Apple Crumbles“
Bei unseren Bildungsprojekten „Kundalinee-School“, das Kinderheim „Bottle Houses“ und die Schule im Sherpadorf Hile bemühen wir uns unter dem Motto „Bildung schafft Zukunft“ um Chancen und Perspektiven vor Ort: www.weltweitwandernwirkt.org.

Fotos:
Hier geht es zu den Bildern dieser Reise auf Facebook:
Manaslu – Umrundung
Annapurna – Umrundung

Reisen:
Hier geht es zu unseren wunderschönen Nepal-Trekkingreisen von Weltweitwandern: www.weltweitwandern.at/asien/nepal/


 

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