Die Welt ist ein Buch,
von dem man nur die erste Seite gelesen hat,
wenn man nur sein Land gesehen hat.
Fougeret de Moubron (1706-1760)
Ich habe ja schon vierzig Jahre Reiseerfahrung auf dem Buckel und bin vielleicht schon etwas abgebrüht, doch Tadschikistan hat mich echt umgehauen. Auf unserer Wanderung zwischen Pamir- und Alai-Gebirge haben wir zwei Wochen lang keine einzige andere ausländische Gruppe getroffen. Wir waren wahrscheinlich eine der ersten Touristen-Gruppen in dem Gebiet seit Jahrzehnten! Die Leute sind aus ihren Jurten und Häusern rausgerannt, um zu schauen, was da los ist. Sie haben uns Joghurt und Brot angeboten und uns eingeladen, wir mögen doch zum Tee einkehren. Auch fotografiert wurden wir oft – ja, auch Nomaden besitzen inzwischen Smartphones. Wir hatten das Gefühl, dass auch wir „Westler“ für die Leute dort spannend waren.
Selbst in Nepal kommt es kaum noch vor, dass man in einer Gegend das Gefühl hat: Puh, da sind noch nicht viele vorbeigekommen. Dabei könnte Tadschikistan von seinem Trekking-Potential Nepal durchaus den Rang ablaufen. Zum Wandern ist es der Hammer. Hunderte Kilometer zieht sich das Pamir-Gebirge, die zweithöchste Bergkette der Welt, durch Zentralasien. Doch noch verirren sich kaum Reisende dorthin. Die teilweise über 7.000 Meter hohen Berge sind mächtig und umwerfend schön: Weiße Gletscher, tiefblaue Bergseen, grüne Hochalmen. Die Hälfte des gesamten Staates liegt auf über 3.000 Metern. Das Landschaftsbild prägen Wüsten, Halbwüsten und Steppen.Wir sind an der Peter-I.-Kette entlanggegangen, über Pässe und Gletscher, und haben an den schönsten Stellen gezeltet: auf Hochalmen oder an einem Bach. Fast jeden Tag haben wir in Bergseen gebadet und am Ende beim See von Alexander dem Großen, dem Iskanderkul, entspannt.
Zwischen den Bergen, auf den Almen, liegen wie hingestreut die weißen Jurten der Bergnomaden mit ihren Herden. Die Frauen backen riesige Brote und kochen in gewaltigen Bottichen Milch, daraus stellen sie Käse her. In Erinnerung ist mir die Einladung in eine Jurte zu Tee und Gebäck. Die Frau war eine pensionierte Krankenschwester; selbst in diesen entlegenen Gegenden haben die Menschen in der Zeit der Sowjetunion gute Ausbildungen absolviert. Erstaunlich ist auch unsere Tadschikistan-Partnerin Miskola, die allerdings aus der Hauptstadt Duschanbe kommt: Sie war mit einem Stipendium zwei Jahre in den USA. Wenn es nötig ist, wäscht sie selbst das Geschirr ab oder holt Wasser, sie packt überall an und ist eine volle Powerfrau.
Beste Reisezeit: Juli und August
Beste Wanderung: Die Wanderung im Peter I. – Gebirge wird so wenig begangen, daß WIR Touristen für die Einheimischen etwas Besonderes darstellten.
Besonderheiten? Mit den vielen Seen, den grünen Almen und den tollen Gletscherpanoramen ist das Gebiet wirklich ein Wanderhighlight!
Literatur & Film: Reiseführer Tadschikistan: Zwischen Duschanbe, Pamir und Fan-Gebirge (Trescher-Reihe Reisen), Tajikistan and the High Pamirs by Robert Middleton
Aufpassen: Tajikistan steckt touristisch total in den Kinderschuhen, oft fehlt es an so einfachen Dingen wie im mit dem Auto unterwegs mal eine saubere Toilette zu finden…
Geheimtipp: Das Yagnob Tal, wo die direkten Vorfahren der „Sogdians“ leben. Einige der Familien halten immer noch alte Traditionen der Zoroastrians.
Reiseinfos: https://www.weltweitwandern.at/asien/tadschikistan/