Reisen ist nicht immer nur angenehm, sondern beschert dem Reisenden auch so manche Tiefpunkte, unliebsame Momente, Niedergeschlagenheit, Langeweile und sehnsuchtsvolles Heimweh. Darüber reden viele Reisenden nicht so viel, auch ich vergesse das dann nach dem Heimkehren ganz gerne, denn: Reisen, Unterwegs-Sein tut machmal echt weh!

Und doch…

Richtiges Reisen heißt ja immer auch seine bequemen Routinen und sind liebgewonnenes häusliches Leben hinter sich zu lassen. Sich oftmals allein und ohne Schutz ungewohnten Situationen und ungeplanten Dingen auszusetzen. Man erlebt dabei dann aber nicht immer nur Höhenflüge und Wunderbares, sondern zwischendurch auch so manche Enttäuschung und niederschmetternde Tiefpunkte.
Geplante Flug-, Bus-, oder Schiffsverbindungen klappen zum Beispiel nicht und man sitzt dann tagelang tatenlos an ungastlichen Orten fest.
Wegen Schlechtwetter sieht man die traumhafte Landschaft – auf die man sich ein Leben lang gefreut hat – überhaupt nicht. Oder der erträumte Sehnsuchtsort erweist sich als ein totaler Flopp und man findet es total abturnend.
Miese Betten, hellhörige Zimmer, Magenverstimmungen, Erschöpfung, Kopfweh –  und der Zorn, weil man völlig übers Ohr gehaut oder gar dreist bestohlen wurde gehören zum Gesamtpaket an Reisegrausligkeiten natürlich auch dazu. Aber das sind nur die äußeren Faktoren.
Oft  – ich gebe es freimütig zu – sind es auch die inneren Gefühlswelten, die mir beim Unterwegs-sein ab und an zu schaffen machen. Anfälle von intensivem Heimweh, Sehnsucht nach lieben Freunden, nach der süßen Alltags-Routine, nach dem bequemen Leben daheim.
Das eigene Reisen erscheint mir dann sinnlos und ohne Freude, das Vermissen des Gewohnten ist extrem stark und übertönt den Reiz des Neuen.
So lange hat man sich aus den öden Alltagverpflichtungen weggewünscht – und die Traumreise herbeigesehnt und dann so etwas…. ;-)

Und dennoch: 
Ich liebe es zu Reisen, gerade weil ich dann viel schutzloser bin, als zu Hause, gerade wegen der damit verbundenen Höhen UND Tiefen. 

„Reisen ist die Sehnsucht nach dem Leben“ Kurt Tucholsky

Das lange Warten im Schlechtwetter in einer kalten Hütte macht den Zauber eines glitzernden Schönwettermorgens und dann den Gipfel erst besonders wertvoll. Eine durch miese Umstände verpasste Chance macht jedes Gelingen einer anderen viel kostbarer. Das Spüren meiner eigenen Verletzlichkeit und Fragilität macht mich Dankbarer für das was ist und schärft meine Wahrnehmung. Wenn mir wildfremde Menschen „einfach so“ in Schwierigkeiten helfen, dann werde dadurch auch ich hilfsbereiter und offener.

Natürlich erlebe ich phantastische Dinge auf meinen Reisen. Großartige Natur, tolle neue Genüße und wunderschöne Begegnungen. Das alles kommt aber nicht „geschenkt“.
Man muß da oft durch Unsicherheiten, Unbequemlichkeiten und schwierige Phasen durch.
Erst dann leuchten die Berge an einem Schönwetterabend besonders intensiv und empfinde ich neue Begegnungen einfach als kostbares Geschenk – so wie unsere ganzes Leben einfach wertvoll, kostbar und eben auch fragil ist!
Ich freu mich über eurer Feedback: Oder bin ich da ganz alleine mit meinen „Reisebeschwerden“?

;-)

Liebe Grüße aus Neuseeland- draußen schüttet es gerade wie aus Kübeln… ;-(

euer Christian


 

PS: Hier nochmal eines meiner Lieblingszitate:

Niemand, der richtig reist kommt unverändert zurück.
Das Reisen verändert den Menschen.
Reisen ist in jedem Fall eine Art sich auszusetzen.
Eine Art sich zu entkonditionieren und den Panzer der bequemen Gewohnheiten,
der so wunderbaren Halt gibt, abzulegen.
Dann erst fängt alles an:
Wahrnehmung, Erfahrung, Veränderung.
Das Reisen wird mehr als das bloße Aufsuchen von Sehenswürdigkeiten.
Nichts wird mehr selbstverständlich. 
Jeder Gang geht in eine Welt,
die neu ist, wie der erste Tag in einem fremden Land.
(Aurel Schmidt – Wege nach Unterwegs)

Comments ( 2 )

  • Sylvia Golmeier

    So viel ehrliches, sensibles, tiefes und wahrhaftes Empfinden und das in Worte zu fassen, das ist wunderschön. Nein Christian, du bist nicht allein mit deinen Gefühlen, aber es gehört viel Mut dazu, sich das selbst und auch anderen einzugestehen. Danke, dass du mit deinem Artikel ausgedrückt hast, was bestimmt viele oft auch empfinden. Ich werde an dich denken und es wird für mich ein Trost sein, wenn mich auf Reisen wieder einmal deine beschriebenen Emotionen einholen. Wünsche dir noch ganz viele wunderbare Reisen und ein immer wieder glückliches nach Hause kommen.
    Sylvia

    • Christian Hlade

      Hallo Sylvia!
      Das ist schön – ich dachte schon ich bin mit diesen „Luxusproblemen“ allein.
      Aber ich vermute doch, es geht da Vielen so: Man freut sich lange auf eine Auszeit und projiziert alle Wünsche in eine Reise.
      …und dann holen einen dann doch ab und an sehr zwiespältige Gefühle ein.

      PS: Nach Hause komme ich nun noch länger nicht – erst im Juni wieder.
      ABER ich genieße den Luxus, dass meine Familie demnächst zu mir kommt und wir dann zusammen die Nordinsel von Neuseeland bereisen werden.
      Dankeschön Dir auch nochmals für Deine großartige Unterstützung unseres Kinderheimes in Nepal. Da geht jetzt gerade richtig was weiter, mach auch mir Freude da nun im Wochenrhytmus die neuen Bilder auf Facebook mitzuerleben.

      Lieben Gruß aus Nelson / NZ
      Christian

Schreibe einen Kommentar

Your email address will not be published. Required fields are marked *