In den letzten Wochen bin ich wegen Reisen und dann unserer Katalogproduktion gar nicht zum Blogschreiben gekommen. Gestern hat mich Roswitha M. Reisinger von der Lebensart interviewt. Ihre guten Fragen haben mich zum Nachdenken angeregt und nachdem Roswitha auch gleich alles aufgeschrieben hat, habe ich nun endlich einen aktuellen Blogbeitrag… Dankeschön an Roswitha!
;-)

Wann ist reisen nachhaltig?

Mir fällt der Begriff Nachhaltigkeit immer schwerer, denn Fernreisen können durch die weite Anreise nie umweltschützend sein, das ist eine Quadratur des Kreises, die wir nicht hinbekommen. Wir wollen auch kein „Greenwashing“ betreiben und unsere Gäste beschwindeln. Mit dem Zug kann man bestenfalls in Europa reisen, eine Reise mit dem Zug nach Marokko bucht schon niemand mehr. Natürlich beträgt die durchschnittliche Dauer unserer Reisen 12 Tage, und natürlich bieten wir unseren KundInnen die CO2 Kompensation an. Aber das ist für mich nicht wirklich überzeugend. Was uns daher wichtig ist, ist sozial verträgliches reisen. Da können wir wirklich etwas bewegen und in diesem bereich sind wir auch richtig gut!

Was ist die Stärke von Weltweitwandern?

Unser Fokus liegt auf fairem reisen, achtsam reisen. Es ist eine Haltung, wie man der Welt mit Wertschätzung begegnet. Unsere Stärke liegt in Begegnungen, die bewegen. Wir arbeiten fast überall mit lokal verwurzelten Guides. Ursprünglich war das eine Notlösung, weil es viel zu teuer gewesen wäre, ÖsterreicherInnen hinzuschicken. Heute hat sich das zu unserer absoluten Stärke entwickelt. Andere Kulturen lernt man einfach besser kennen, wenn der heimische Guide durch das Tal und die Dörfer führt.

Die absolute Stärke von Weltweitwandern sind "Begegnungen, die bewegen". Hier am Bild Christian mit Nepal-Partner Sudama unterwegs in Marokko.
Die absolute Stärke von Weltweitwandern sind „Begegnungen, die bewegen“. Hier am Bild Christian mit Nepal-Partner Sudama unterwegs in Marokko.

Was sind die eindrücklichsten Erlebnisse eurer KundInnen?

Wandern bedeutet nicht nur miteinander reden oder eine andere Kultur und Natur erleben. Beim wandern begegnet man vor allem auch sich selbst, man muss die eigenen Gewohnheiten hinterfragen, kein Bier z.B. in zwei Wochen. Die Erlebnisse relativieren oft den eigenen Standpunkt, die eigenen Vorurteile z.B. in Richtung muslimischer Welt. Dort erlebt man eine unglaubliche Gastfreundschaft, oder die Frauen im Iran, die sehr selbstbewusst auftreten. Über die Medien erhält man plakative Realität. Sie stimmt ja zum Teil, aber es gibt auch eine ganz andere dazu.

Wie kommt ihr zu neuen Reiseangeboten?

Vor allem über persönliche Beziehungen auf einer Messe oder über einen Tipp. Natürlich muss auch die Destination passen. Ich kennen einen sehr netten Pakistani – aber eine Reise nach Pakistan ist noch zu risikoreich. In Bulgarien haben wir sehr guten Partner, aber die Nachfrage am Markt fehlt. Zwei Dinge müssen zusammenkommen: Die Destination wird am Markt nachgefragt, und wir brauchen einen Partner vor Ort, der dieselben Werte hat und gleichzeitig professioneller Touristiker mit einem großen  wirtschaftlichen Verständnis.

Was sind die häufigsten Erkenntnisse der Reisenden?

Durch unsere Reisen relativiert sich für vielen Gäste viel vom eigenen Standpunkt. Viele sind beschämt, ob der Gastfreundlichkeit mit der sie von einfachen Menschen aufgenommen werden. Durch die Reisen entstehen Freundschaften, Reisegruppen treffen sich auch nach der Reise, Menschen übernehmen Patenschaften für ein Kind, oder sie engagieren sich für ein Projekt. Eine Salzburger Krankenschwester kümmert sich beispielsweise um die medizinische Betreuung von Nomaden und reist einmal im Jahr auch dorthin.

Reisen von Weltweitwandern sind relativ teuer. Warum ist das so?

Wir sind überhaupt nicht teuer. Im Vergleich mit Trekkinganbietern haben wir ein ähnliches Preisniveau. Aber unsere Reisen sind bitte nicht vergleichbar mit einem Pauschalaufenthalt in einer Hotelanlage oder einer Busrundreise mit 50 Leuten.
Wir haben ja sehr kleine Gruppen (im Schnitt 8 TeilnehmerInnen), unsere Touren sind sehr arbeitsintensiv vor Ort. Es braucht Träger, einen Koch, ganz viele helfende Hände – und diese wollen wir alle auch fair bezahlen.

Was bewirken Weltweitwandern Reisen vor Ort?

Viele Menschen in entlegenen Regionen können sich so ein dringend benötigtes Zusatzeinkommen erwirtschaften um dort weiterhin leben zu können. Und die Menschen entwickeln einen Stolz auf die eigene Kultur, weil Gäste kommen und sie erleben wollen. Das passiert ja auch in Österreich, wo es Feste gibt, die eigentlich nur wegen der Touristen stattfinden, aber dann zunehmend auch von der Bevölkerung geschätzt werden.

Wie haben Dich die letzten 15 Jahre verändert?

Ich verändere mich ständig – alle paar Monate (lacht). Nein im ernst: Vor 15 Jahren war ich überschäumend idealistisch. Ich dachte, mit meinen Reisen verändere ich die Welt, die ganze Welt. Blauäuig idealistisch, und das war auch gut so! Dann habe ich festgestellt, dass die ganze Welt doch ein wenig zu groß ist, und dass es punktuell auch Dinge gibt, die ich nicht so beeinflussen kann (z.B. das Dilemma Flugreisen und Umweltschutz). Daher arbeite ich heute deutlich fokussierter und das tut der Sache durchaus gut.

Worauf konzentrierst Du Dich jetzt?

Vor zwei Jahren waren wir zu breit aufgestellt: wandern, segeln, surfen, reiten, klettern. Dafür brauchst Du eigentlich 10 Marketingabteilungen. Aber wir sind kein Konzern, wir hatten uns zerfleddert. Vor einem Jahr habe ich daher einen schmerzvollen Schnitt gesetzt: wir haben 30% unseres Angebotes gestrichen, Projekte gestoppt, eine Mitarbeiterin gekündigt. Heute haben wir uns wieder auf das Wandern konzentriert – von den Wandertipps über die Ausrüstung, die Sicherheit bis hin zur sozialen Nachhaltigkeit und der Begegnung der Menschen. Da sind wir wirklich gut.

Begegnungen verschiedener Kulturen. Am Bild Leo Hlade mit nepaesischer Oma in Bhaktapur
Weltweitwandern ist Begegnungen verschiedener Kulturen. Am Bild Leo Hlade mit nepalesischer Oma in Bhaktapur

Was sind Deine wichtigsten Erkenntnisse?

Wichtig ist, erstens im Dialog sein: Mit MitarbeiterInnen, mit KundInnen, mit PartnerInnen – gut kommunizieren inklusive gut zuzuhören. Zweitens Persönlichkeit: Als Unternehmer muss man laufend an sich und seiner Persönlichkeit arbeiten, sonst schädigt man sein Unternehmen. Wenn man Menschen führen will muss man selber wachsen, Vorbild sein und sich menschlich weiterentwickeln. Drittens: Kooperation: man ist immer in Netzwerke eingebunden und sollte die Energie für ein Miteinander nutzen. Man erreicht ja nichts allein, sondern nur im Team.


 

Ein Auszug aus diesem Interview ist nachzulesen in der nächsten Ausgabe der „Lebensart“.
Danke, Roswitha Reisinger für das anregende Interview!

Comments ( 2 )

  • Karin Klug

    Danke! Diese Texte zu lesen ist für mich immer sehr inspirierend und gibt Hoffnung… nämlich, dass es auch möglich ist, ein Unternehmen zu führen, Erfolg zu haben, etwas auf die Beine zu stellen, ohne nur an den Profit zu denken und andere auszubeuten – mit dem leidigen Argument der notwendigen Wirtschaftlichkeit… dass es Menschen gibt, die nachdenken, sich den Kopf zerbrechen, unbequeme Wege gehen, die etwas bewirken, verändern, verbessern wollen… das gibt Kraft, Hoffnung und Zuversicht… deshalb Danke!

  • itto

    danke Christian, für diese Gedanken, vor allem zum Unternehmertum und zur Teamfuehrung – es ist ein Geschenk, dich/ euch kennen zu dürfen, denn das wovon du redest leben du und dein Unternehmen auch!

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